Ästhetik und Erfindung der Zukunft
Die Transzendenz im Spiegelbild der Kunstgeschichte
Roger Garaudy war ein französischer Philosoph und marxistischer Theoretiker, dessen Werk sich hauptsächlich auf politische Philosophie konzentrierte. Sein Denken durchlief eine komplexe Entwicklung, von Kommunismus über Christentum bis zum Islam, was sich in seinen zahlreichen Veröffentlichungen widerspiegelte. Garaudy untersuchte die Beziehung zwischen Glauben und Vernunft, Tradition und Moderne und befasste sich in seinen Texten oft auch mit den sozialen und politischen Fragen seiner Zeit. Seine Schriften sind bis heute Gegenstand von Debatten.







Die Transzendenz im Spiegelbild der Kunstgeschichte
„Die blitzartige Expansion des Islam erfolgte nicht aufgrund militärischer Kräfteverhältnisse, die eine untergeordnete Rolle spielten, sondern war vor allem auf die Tatsache zurückzuführen, dass in diesen Gesellschaften, in denen 4000 Jahre der Zivilisation im Chaos untergingen, sich den verzweifelten Massen eine neue Welt mit menschlichem Antlitz anbot und ihnen neue Hoffnungen gab. Der Islam konnte sich so schnell ausbreiten, weil er eine dynamische Welt- und Gesellschaftsanschauung als Alternative zu der überkommenen Feudalordnung mit ihrem statischen Weltverständnis anbot. Er betonte die persönliche Verantwortung in der Gesellschaft, die der Feudalismus unterdrückt hatte, und entwickelte Vorstellungen eines neuen kollektiven Lebens. Wahrscheinlich bildete der muslimische Glaube, die einzige Religion, die sich noch heute ausbreitet – insbesondere in Schwarz-Afrika – eine Art Weltgürtel, ein Bindeglied zwischen dem Norden und dem Süden: Von Marokko bis Ägypten über den ganzen Maghreb, von Zentralasien bis Samarkand und in den südöstlichen Teil Asiens mit Indonesien. Der Islam scheint, wie eine Arterie, die Lebenskräfte zwischen dem Orient und dem Okzident hin und her zu transportieren.“ -Prof. Dr. Dr. Roger Garaudy „Aber kann ein Einzelner leisten, was Vielen nicht gelang? Ist der »homme érudit«, der vielseitig Gebildete, im Zeitalter der Informationsflut überhaupt noch möglich? Wer Garaudy persönlich begegnet, wird das bejahen, wird nicht nur von der Fülle seines Wissens beeindruckt, sondern auch von seiner Fähigkeit, Einzelheiten aus den verschiedensten Gebieten miteinander zu vergleichen und zu verbinden. Dabei ist dieser »homo universalis« kein kalter Informationsspeicher, kein autoritärer Mehr- oder Besserwisser, sondern ein Gesprächspartner, der durch seine menschliche Wärme, seine musische Anschauungsweise und südliche Vitalität mindestens so gefangen nimmt wie durch die Vielfalt seiner Kenntnisse.“ -Dr. Robert Jungk
Die transzendentale Botschaft des Islam
„Warum leuchtet heute diese „Shari‘a“, das Gesetz Gottes, nicht über die ganze Welt? Warum bleiben die muslimischen Völker das Objekt der Geschichte, obwohl vom Kolonialismus befreit, anstatt handelndes, kreatives Subjekt zu sein? Warum geben sie kein Beispiel für historische Initiative? Weil dieses Gesetz, die „Shari‘a“ entstellt, in ihrer lebendigen Entwicklung seit den ersten Jahrhunderten ihrer Geschichte angehalten wurde. Weil man den Koran mit den Augen der Toten liest. Mit den Augen von Menschen, die das Genie hatten, von der ewigen Offenbarung des Koran aus die Probleme ihrer Epoche zu lösen. Während wir die Probleme der unsrigen nicht dadurch lösen können, dass wir uns damit zufrieden geben, ihre Formen zu wiederholen, sondern indem wir uns von ihren Methoden inspirieren lassen. Zu den Quellen zurückkehren heißt nicht, rückwärtsgewandt der Zukunft entgegenzugehen, mit auf die Vergangenheit fixierten Augen, sondern die lebendige Quelle und die kreative Dynamik des ursprünglichen Islam wiederzufinden.“
Ein philosophisches Testament
Als einer der größten Denker unserer Zeit, folgte Roger Garaudy mit Vehemenz dem Ideal „einer humanen Ordnung für die Menschen“. Um dieses Ziel zu erreichen, setzte er sein vielfältiges Wissen dafür ein, das von der Philosophie bis hin zur Kunst reichte. Er war dermaßen von diesem Ideal durchdrungen, dass er zugunsten seiner Vision sogar sein eigenes Leben zu opfern bereit war. In diesem Werk zeichnet Roger Garaudy das farbenfrohe und kritische Bild der Philosophie und der Ideenwelt des 20. Jahrhunderts. Er hinterfragt alle philosophischen Strömungen dieser Epoche – darunter die Philosophen und Intellektuellen – bis ins kleinste Detail. Dabei geht er im Kern folgenden Fragen nach: Welchen Gewinn und Verlust haben die philosophischen Strömungen des 20. Jahrhunderts der Menschheit gebracht? Welchen Mehrwert bringen sie Glaubenstheoretikern, Juristen, Gelehrten und Intellektuellen? Wie können diese Philosophien die Menschheit dazu bringen, sich nicht ins Verderben zu stürzen? Dieses Buch, das ganz im Zeichen des philosophischen Erbe Garaudys steht, lädt weltweit alle klugen Köpfe jeglicher Couleur oder Religionen dazu ein, Ideen zur Umsetzung eines freien Denkens zu entwickeln.
Die westliche Welt wurde in ihrer Geistesgeschichte mehr als es offiziell zugestanden wird, von der islamischen Zivilisation nachhaltig geprägt. Seit Jahrhunderten gab sie vor, sich durch ein zweifaches, griechisch-römisches und jüdisch-christliches Erbe zu definieren. Dabei belegt Garaudy auf der Grundlage von historischen Quellen, dass der Westen unbestreitbar von einem Dritten Erbe, nämlich dem Islam, tiefgreifend geprägt worden ist. „Es geht um unsere Zukunft. Um die Zukunft aller. Dieses Buch ist kein Geschichtsbuch, sondern eine neue Annäherung an den Islam und darüber hinaus an das, was man gemeinhin die Dritte Welt nennt, wo sich das Geschick der Welt abspielt. Um dies zu erkennen, darf man den Islam nicht auf Verkalkungen, Verhärtungen und Abkapselungen einiger seiner Anhänger reduzieren, die seinen Geist nur verhüllen. Sich dabei der Angst zu bedienen, wie es der Okzident seit mehr als einem Jahrtausend zu tun pflegt, um das dritte Erbe nicht anzunehmen, stellt ein Grundhindernis im Verhältnis zum Islam dar. Angst ist in diesem Fall ein schlechter Ratgeber“. – Roger Garaudy
Mit dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 begannen marxistische Theoretiker in den westlichen kommunistischen Parteien, sich vom Dogmatismus der Stalin-Zeit zu lösen. Dazu zählte der französische Theoretiker Roger Garaudy, Professor für Philosophie und Mitglied des Politbüros der KPF. Garaudy distanzierte sich von früheren Arbeiten, insbesondere seiner materialistischen Erkenntnistheorie, und wollte mit seiner Schrift die Diskussion über den Marxismus neu beleben. Angesichts der qualitativen Veränderungen und Fortschritte des 20. Jahrhunderts war dies notwendig. Er strebte an, die Offenheit der marxistischen Philosophie wiederherzustellen, indem er die Ergebnisse zeitgenössischer Wissenschaften wie Kybernetik, Informationstheorie und moderne Physik prüfte und sich mit politischen, moralischen, religiösen und künstlerischen Aspekten des neuen Denkens auseinandersetzte. Besonders bemerkenswert war Garaudys positive Neubewertung von Mythen und Religionen, insbesondere des Christentums, was ein neues Verhältnis zwischen Kommunisten und Christen schuf. Zudem entwarf er eine moderne marxistische Kunsttheorie, die sich von den dogmatischen Auffassungen des sozialistischen Realismus abgrenzte, und griff auf Fichte zurück, um eine marxistische Moral zu entwickeln, die subjektive Initiative und Verantwortung betonte.
Nach eingehender Analyse unserer Gesellschaft kommt Garaudy zu dem Schluß, daß die Ursache unserer weltweiten Misere in der jahrtausendelangen männlichen dominanz in Politik, Wirtschaft, Kultur und Religion liegt. Nur die ausgleichende Feminisierung der Gesellschaft, also der spezifisch weibliche Beitrag im öffentlichen Leben, kann uns vor der Selbstvernichtung retten.