Alexander Kluge Bücher






Die Chronik der Gefühle ist ein in der Gegenwartsliteratur singuläres Unternehmen: Sie erzählt in Lebensläufen und Geschichten von den Erfahrungen und vor allem den Gefühlen, mit de-nen wir auf Zeit, Epoche und deren Brüche reagieren. Alexander Kluges Opus magnum ist ein durch Zeit und Geschichte mäanderndes Buch der Emotionen, das aus immer neuen Blickwinkeln unsere manchmal rätselhaften, manchmal seltsam resistenten Verhaltensweisen, Reaktionen und Leidenschaften zu ergründen sucht.§Die beiden Bände Basisgeschichten und Lebensläufe enthalten sämtliche erzählerischen Texte Kluges in einer Dramaturgie, die 'funktioniert' wie unsere Erinnerung: von der Gegenwart aus rückwärts. Die neuesten Geschichten erzählen vom Beginn des 21. Jahrhunderts, schildern Lebensläufe um 1989, aus der Zeit der Bonner Republik und weiter zurück bis 1945. Manchmal in lakonischer Kürze, manchmal ausgreifend und mit Pressefotos überraschende Zusammenhänge herstellend, macht Kluge ein halbes Jahrhundert sichtbar und mit ihm dessen emotionale Temperatur. Die Bücher Schlachtbeschreibung , Lernprozesse mit tödlichem Ausgang , Lebensläufe und Neue Geschichten , die Kluges Rang als außergewöhnlicher Schriftsteller begründeten, sind in diesen Erzählkosmos integriert und entfalten im Lichte der neuen Basisgeschichten§(800 Seiten) überraschende Wirkung. Sichtbar wird: Zeit und Geschichte nehmen auf unsere Lebensläufe und -pläne, auf menschliches Maß bekanntlich keinerlei Rücksicht. Das macht die Gefühle rebellisch. Und das hat Folgen. -§So wie bei Kluge ist davon noch nicht erzählt worden.§
"Wenn Roboter die Kriege führen, werden die Hauptopfer dieser Kriege die Menschen, die Völker, bleiben. Darum wird die Vervollkommnung der Kriegstechnik unweigerlich eine umso grausamere Kriegsstrategie nach sich ziehen. Die einzige Möglichkeit, die Beziehungen unter den Völkern zu humanisieren, besteht darin, die Instrumente der Gewalt zu zerstören und das Bewußtsein umzubauen. Das ist der schwierigste Teil der Konversion des Denkens."
Am 26. April 1986 kommt es im Atomkraftwerk Tschernobyl zum GAU. Alexander Kluge hat Zeugen der Katastrophe befragt. Seine Gespräche mit unmittelbar Betroffenen führen uns vor Augen, dass wir nicht darauf vertrauen können, erneut davonzukommen
Der vorliegende Band enthält drei unveröffentlichte Filmentwürfe: Das sabotierte Verbrechen, Gelegenheitsarbeit einer Sklavin, Drei Frauen / Mitten im Sumpf / Hunger nach Sinn (im Auszug abgedruckt) sowie die Textliste des Films Gelegenheitsarbeit einer Sklavin. Es geht um die einzelnen Schritte bei der »Abweichung vom Drehbuch«, die für die Arbeitsweise des unabhängigen Autorenfilms unabdingbar ist. Sodann folgen Kommentare zur realistischen Methode. Das Interesse an Realismus hat seine Wurzel im Protest, d. h. einer grundsätzlich auch antirealistischen Haltung der menschlichen Sinnlichkeit. Der Umgang mit einem solchen antagonistischen Realitätsbegriff setzt eine analytische Methode voraus, die in der Organisation der Sinne selber, aber auch in den Formgesetzen der Realität angelegt ist. Die Thesen beziehen sich nicht auf den Einzelfilm, sondern auf die Filmarbeit insgesamt. An den Gegensatz zwischen realistischer Methode und dem Vergnügungsinteresse von Zuschauern im Kino soll man nicht fest glauben.
Die Herzlichkeit der Vernunft
- 189 Seiten
- 7 Lesestunden
Sokrates oder das Glück der Bescheidenheit, Voltaire oder die Freiheit durch Toleranz, Kleist oder das Wissen um den Menschen, Terror oder die Klugheit des Rechts, Politik oder das Lob der Langsamkeit: Ferdinand von Schirach und Alexander Kluge unterhalten sich über Grundfragen des Rechts und der Gesellschaft, über Theater und Literatur, über die Gefahren der direkten Demokratie und der sozialen Medien und darüber, was den Menschen im eigentlichen Sinn menschlich macht. „Die Herzlichkeit der Vernunft“ ist ein sehr persönlicher Dialog der beiden Schriftsteller.
Wir Menschen sind Bürger des Universums, aber zugleich sind wir auch Privatbesitzer unserer Lebensläufe. Wir leben im 21. Jahrhundert und zugleich in den langen Zeiten, aus denen wir kommen und die wir in uns tragen. So existieren wir in einem Babylon verschiedener Realitäten. In jedem Moment: Tür an Tür mit einem anderen Leben. Das gilt für den Bombenleger und Blitzkrieger, für Liebende, für Menschen, die einander hassen, für unsere Ahnen und für das moderne Raubtier, das in Gestalt globalisierter Unternehmen uns Menschen gelegentlich überholt und scheinbar zurückläßt. In den neun Kapiteln des Buches geht es um Welt- und Wirtschaftskriege, um Liebes- und Familiengeschichten, um den Zeitbedarf von Revolutionen und um Bastionen des Überlebens, die einer nicht aufgibt, ohne auf Leben und Tod zu kämpfen.
"Alexander Kluges Napoleon-Kommentar ist eine Beobachtung zusammengesetzt aus Geschichten, Filmbildern, Tagebuchnotizen und drei Zeichnungen von Georg Baselitz. Erzählen als eine Form, sich in die Geschichte hineinzuweben"--Publisher's website
Meist ohne darüber nachzudenken, unterscheiden Menschen ständig: ob warm, ob kalt, ob sie einen andern riechen können, ob ihnen etwas paßt oder nicht. Die Unterschiede machen die Empfindungen von ganz allein, werden aber aus Erfahrungen gespeist, die in der Millionen Jahre alten Evolution des Menschen begründet sind. Das unaufhörlich tätige Unterscheidungsvermögen, das persönliche und gesellschaftliche Verhältnisse unter der Hand bestimmt, bezeichnet Alexander Kluge als seine Domäne. Er hält ein Plädoyer für die massenhafte Produktion von Unterscheidungsvermögen. In seiner Eröffnungsbilanz des 21. Jahrhunderts, der Chronik der Gefühle , hat er mit der Inventur im Gefühlshaushalt begonnen. In diesem Buch nun erzählt er, woher sein Argwohn gegenüber dem Faktischen rührt, was ihn antreibt, Gefühle und Empfindungen aufzuspüren und als zerstörerische Geheimagenten zu enttarnen. Die Indizien sucht er in der Geschichte, in Geschichten, in Anekdoten, in den Wissenschaften. Detektivisch dem Unwahrscheinlichen auf der Spur, verwandelt er Fakten in Erzählung. Er rüstet die Übermacht des Faktischen ab und besteht auf der zivilisierenden Wirkung mündlicher Erzählung. So belebt er eine alte Kunst, die unterzugehen droht und die er auf besondere Weise beherrscht: die Kunst des Erzählens.