Kleine Kunstgeschichte Wiens
- 255 Seiten
- 9 Lesestunden
War in den 1980er Jahren schon einmal die Frage im Raum gestanden, ob die Kunstgeschichte am Ende sei, hat sich unser Fach seit dem nicht nur als lebensfähig erwiesen, sondern ein enormes Potential zu einer rasanten Weiterentwicklung offenbart. Eine Art Globalisierungsprozess hinsichtlich des einbezogenen Materials sowie die Vervielfältigung der methodischen Ansätze machen es den Studierenden wie Kunstinteressierten jenseits des Universitätsbetriebs schwer, sich in der Fülle des Angebots zu orientieren. Das vorliegende Buch legt daher bewusst rote Fäden durch die visuellen Medien Architektur, Skulptur, Malerei, etc., die zwischen dem 1. Jh. n. Chr. und dem Übergang von der Romanik zur Gotik in Europa sowie in den an das Mittelmeer südlich und östlich angrenzenden Ländern zur Anwendung kamen. Es zeigt kunstimmanente Zusammenhänge auf, versteht die einzelnen Werke aber zugleich als Stimmen in einem umfassenden Diskurs.
Clm 15903, Bayerische Staatsbibliothek, München Datierung, Lokalisierung und Ausstattung Skriptorien der Stadt Salzburg im 12. Jahrhundert Perikopen (der Comes) des Clm 15903 Relation und Spezifika gegenüber Perikopenbuch des Custos Perhtolt Bestimmungsort und Adressat Codex als Forum: Beziehung von Tag, Text und Bild Textschicht und Bildschicht Funktion des Bildes in Evangelistaren Inhaltliche Schwerpunkte der Miniaturen Göttlichkeit Christi Anagogé Christus Soter Heilung und Erweckung Verherrlichung Leib Christi Maria Mutter des Messias Hll. Johannes und Petrus Hl. Benedikt Hl. Rupert Kaiser und Kreuz Hl. Erzengel Michael Historisches und geistesgeschichtliches Umfeld Kaiser Konstantin und Herakleios Zweiter Kreuzzug Hll. Johannes und Petrus Konkurenten der Mönche und Regularkanoniker Leib Mariä im Himmel Diskussion im 12. Jh. Gottwesenheit und Menschsein Christi Thesen Petrus Abaelard Einfluss Gerhoch und Arno von Reichersberg Visuelle Exegese: Ikonographie und Stil Bsp. Weihnacht, Josephstraum, Berufung des Matthäus Logos des Stils: Methodischer Versuch Auswertung Einzelanalysen Vorlagenmaterial Prachtausgabe Stil als Mittel der Interpretation Entstehungszeit Funktion und Adressat Skriptorium St. Peter und Domskriptorium Katalog der Miniaturen Handschriftenverzeichnis Literatur Index Illuminierte Handschriften
Visuelle Konstruktion von Identitäten im 15. Jahrhundert
In Städten treten Gegensätze, etwa von Fortschrittlichkeit und Retrospektivität, deutlich hervor – nicht erst heute, sondern schon im 15. Jahrhundert. Vier Kapitel vereinen 18 Perspektiven auf komplexe Phänomene: „Stifter, Stadt und Studium“ fokussiert auf Identitätskonstruktion und kulturelle Identitätsvernichtung. „Die Entdeckung der Welt“ widmet sich dem Ineinandergreifen von bildender Kunst und „Scientia nova“, das Kapitel „Spielarten des Neuen“ der Rezeption der „ars nova“ aus den Niederlanden, „Import – Export – Migration“ dem Austausch zwischen Wien und anderen Regionen bis hin nach Siebenbürgen.
Bernadette Wegenstein setzt sich intensiv mit dem Phänomen des Makeover – etwa in TV-Schönheitsshows – auseinander, das sie in einen historischen und kulturtheoretischen Kontext stellt. Dazu dient ihr ein geschichtlicher Abriss der Physiognomik ebenso wie die Auseinandersetzung mit den visuellen Medien im 20. Jahrhundert und die Einführung des 'kosmetischen Blicks', der von der Technik, den Erwartungen und den Strategien der Körpermodifikation geprägt ist. Martina Pippal schließt an Wegensteins Ausführungen an und erläutert, dass die Tradition, körperliche Schönheit als Ausdruck innerer Werte zu sehen, leicht vergessen lässt, dass es im Abendland auch gegenläufige Tendenzen gab und gibt: Mit der Vermählung von Neuplatonismus und Christentum im 4. Jahrhundert setzte eine tiefgreifende Skepsis gegenüber dem Körper ein, die über Selbstgeißelung und Stigmata im Rahmen der Christusnachfolge bis zu den Selbstverletzungen in der gesellschaftspolitisch engagierten Kunst seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts führte. Die platonische, die neuplatonische und die dionysische Sichtweise bestimmen heute die visuellen Medien und werden von diesen diskursiv behandelt.
Die Wandmalereien des 9. und 10. Jahrhunderts aus dem mittleren Donauraum haben in der Forschung bislang kaum Beachtung gefunden. Das vorliegende Buch stellt diese Quellengattung ausführlich vor und analysiert 154 zumeist bemalte Verputzfragmente aus Bratislava, Brěclav-Pohansko, Devín, Miculčice, Nitra und Uherské Hradištĕ-Sady unter konservatorisch-restauratorischen und herstellungstechnologischen Gesichtspunkten. Die Analyseergebnisse werfen ein neues Licht auf die Sakralarchitektur und die Technologiegeschichte dieser Epoche im mittleren Donauraum.
Seit dem frühen 19. Jahrhundert hat sich die Forschung intensiv mit der Pfarrkirche von Schöngrabern und insbesondere den Reliefs an der Apsisaußenseite beschäftigt. Der Inhalt dieser Reliefs und das Gesamtprogramm wurden mehrfach diskutiert, wobei die Ungewöhnlichkeit mancher ikonographischer Motive die Deutung erschwerte und zu gegensätzlichen Auffassungen führte. Während einige das Skulpturenprogramm als orthodox christlich interpretierten, sahen andere darin häretische Elemente. Neuere Forschungen stellen zudem die bisher übliche Datierung des Baus in die 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts in Frage und schlagen eine Entstehung im 16. Jahrhundert vor, was das Programm als protestantisch klassifizieren würde. Die vorliegende ikonologische Analyse ermöglicht nun eine Dechiffrierung des Skulpturenprogramms, indem die Methode der hochmittelalterlichen Schriftexegese adaptiert wird. Die Reliefs erweisen sich als mehrschichtig, das Gesamtprogramm als komplex und systematisch strukturiert. Die Architektur bildet einen Referenzrahmen für die Plastik, wobei beide Elemente vom ideellen Zentrum, dem Altarsakrament, organisiert sind. Ikonographische Vergleiche und inhaltliche Spezifika werden durch hochmittelalterliche Texte belegt. Das gesamte Konzept zeugt von einem hohen theologischen Reflexionsniveau. Die Abbildungen der Skulpturgruppen bieten erstmals einen Eindruck von der Anordnung der Reliefs an der Apsis und der Gesamtsituation.