Der Tiroler Maler Mathias Schmid (1835–1923) zählt zu den akademischen Künstlern des späten 19. Jahrhunderts, deren Werk es neu zu entdecken gilt. In seinen Bildern nahm Schmid eine kritische Haltung gegenüber sozialen und klerikalen Widersprüchen seiner Zeit ein. Populär wurde er mit Genremotiven des Tiroler Volkslebens, die als Reproduktionsdrucke weithin Verbreitung fanden. Der Band stellt Schmids künstlerische Tätigkeit im größeren Zusammenhang der Kunst- und Mediengeschichte des späten 19. Jahrhunderts dar.
Kunstgeschichte in Schulbüchern und Unterrichtsmedien um 1900
Um 1900 war Kunstgeschichte nicht nur vielerorts als freiwilliges Wahlfach eingerichtet, um zum »Genuss« der Werke anzuleiten. Auch in Fächern wie Latein, Deutsch oder Geschichte wurde »Kunstbetrachtung « zum Unterrichtsgegenstand. Die vorliegende Publikation zeichnet diese Entwicklung an einer repräsentativen Auswahl von Büchern und Lehrwerken nach und zeigt technologische, bildungsgeschichtliche und ideologische Aspekte auf.
Populäre Kunstgeschichte in Monografien und Mappenwerken seit 1900 am Beispiel Albrecht Dürer
103 Seiten
4 Lesestunden
In der breitenwirksamen Vermittlung wandelte sich Kunstgeschichte durch die um 1900 entstehenden preiswerten Kunstbücher und Bildmappen von einer vornehmlich akademischen Disziplin zu einer Populärwissenschaft, in der die fotografische Reproduktion eine eigenständige Aussagekraft gewann. Die vorliegende Publikation hat sich vorgenommen, diesen industrialisierten Prozess ästhetischer Bildung in den Blick zu nehmen. Sie dokumentiert zugleich eine Ausstellung, die vom Lehrstuhl für Kunstgeschichte zusammen mit Studierenden der Universität Siegen konzipiert wurde. Ziel war es, die Popularisierung kunsthistorischer Inhalte und die nicht selten mit Geringschätzung betrachteten, tatsächlich aber bemerkenswerten Druckerzeugnisse der Reproduktionsindustrie einer eingehenden Betrachtung und wissenschaftlichen Aufarbeitung zu unterziehen.
Die Beiträge der vorliegenden Publikationen verdanken sich einer ›Ring‹-Vorlesung, die der Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Universität Siegen im Wagner-Jahr 2013 organisiert hat.
Bereits seit dem 19. Jahrhundert war die Frage der Erwachsenenbildung in Deutschland zu einer zentralen gesellschaftspolitischen Forderung geworden. Den Höhepunkt erreichte die Bewegung zur Zeit der Weimarer Republik, als Volksbildung in den Rang ministerialer Zuständigkeit aufrückte und verfassungsmäßig verankert wurde. Nicht zuletzt richtete sich das Augenmerk der Volksbildner auf die Teilhabe an bildender Kunst, welche neben Bildungszuwachs und nationalkulturellem Bewusstein auch Veredelung, Sensibilisierung und Bereicherung der Persönlichkeit versprach. Aus interdisziplinären Blickwinkeln erörtern die Beiträge des vorliegenden Bandes, welchen Stellenwert Kunstgeschichte und Kunstvermittlung für die Volksbildungsbestrebungen zwischen dem wilhelminischen Kaiserreich und der Hitler-Diktatur behaupteten. Dabei geht es einerseits um praktische Formen der Wissenschaftspopularisierung und andererseits um die ideologische Vereinnahmung des Faches in wechselnden politischen Kontexten. Zur Sprache kommen die Bereiche Erziehung und Unterricht, Publizistik und Medien sowie die Museumsdidaktik.
Nächtliche Gesänge in Siena, unerträglicher Lärm in der Hafenstadt Genua, polizeiwidriges Schreien in Mailand, nicht endendes Glockengebimmel in Florenz wie soll der empfindsame Reisende da seinen Italienaufenthalt genießen? Die Wege nach und in Italien waren im 18. und 19. Jahrhundert von unzähligen englischen, französischen und deutschen Reisenden dermaßen ausgetreten, dass es schwerfiel, das authentische Italien vor Ort überhaupt noch aufzufinden. Eine Fülle von Reiseberichten sorgte dafür, dass der Grand Tourist nicht nur mit beträchtlichem Vorwissen in den Süden kam, sondern auch mit einer gehörigen Portion Vorurteil. Wie sollte man mit den fremden Essgewohnheiten umgehen, wie schützte man sich in den Herbergen vor Ungeziefer und überhaupt vor der mangelnden Hygiene? Die Touristen suchten die antike Größe Italiens, während sie zur Gegenwart vornehm auf Distanz gingen (den meisten wäre ein Italien ohne Italiener lieber gewesen). Und dann erst Griechenland: Die Bewohner, so der entsetzte Fürst von Pückler -Muskau, könnten weder lesen noch schreiben und hätten von Platon und Aristoteles nie etwas gehört. Wie kam es, dass das tatsächliche Erlebnis des Südens nicht den erlesenen Erwartungen entsprach? Gehörten Beschwerden zum guten Ton? Und wer liest diese Zeilen (und dieses Buch), ohne die heutige Situation zu bedenken?
Wenn man heute die breite historische Literatur zu Michelangelo sichtet und dabei die unzähligen Meinungen nebeneinander hält, wird einem sehr schnell deutlich, wie sehr das sich entwickelnde Fach als Instrument der kulturellen und politischen Identitätsfindung gedient hat. Die Kunstgeschichte ist neben vielem anderen eben auch das wissenschaftliche Instrument eines „idealistischen“ deutschen Imperialismus, dessen Interesse sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts besonders auch auf die Vereinnahmung italienischer Kunst richtet. Die zunehmend nationalistischen Tendenzen führen schließlich bis zu dem Punkt, an dem „die Deutschen“ Michelangelo als geistigen Besitz für sich in Anspruch nehmen. Beabsichtigt war, eine Geschichte dieser vielschichtigen und vielgesichtigen Okkupation zu schreiben, herausgekommen ist – einmal mehr – ein Bild „deutschen Wesens“, das sich – wie wäre es anders möglich – selbst durch ein starkes Maß an „terribiltà“ auszeichnet. Michelangelo and his perception in German art history – a history of the “German Spirit”.
Die Reise nach Italien gehörte seit dem 17. Jahrhundert mit zum akademischen Ausbildungsprogramm von nordeuropäischen Architekten und Künstlern. Dieses sich mit der Grand Tour institutionalisierende Bildungsideal geriet seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in die Kritik und machte anderen Formen der Italienerfahrung Platz. Was sich im späten 19. und radikaler dann noch im 20. Jahrhundert wandelte, war die Einstellung der Italienreisenden zum Kanon klassischer Kunst. Die künstlerischen Anknüpfungen an die Antike und Renaissance nahmen nun freiere Formen an, wurden un- und außerakademisch bis hin zur zitathaft spielerischen Aneignung und Formcollage der Postmoderne. Die Frage, die das Buch zu stellen versucht, ist jene nach der Funktion der „Italienerfahrung“ in der Ausbildung von Architekten, Künstlern und Kunstwissenschaftlern heute. Historische Beispiele der Befürwortung und Ablehnung der Grand Tour, Meinungen auch zum Für und Wider „klassischer“ Bildungsinhalte in Zeiten der kulturellen Entgrenzung, umkreisen das Problem einer sich als gegenwärtig verstehenden „Erziehung zur Kunst“.