Die Industrieländer versprachen schon 1970 in der UN-Vollversammlung, 0,7 % ihres Bruttonationaleinkommens (BNE, damals BSP) bis etwa 1975 für Entwicklungsländer zur Verfügung zu stellen. Gehalten haben dieses Versprechen nur fünf Länder, die anderen – auch Deutschland, zuletzt im Koalitionsabkommen von 2009 – haben das Versprechen immer wieder erneuert, aber nie auch nur annähernd erreicht. Auch das Bundesentwick-lungsministerium BMZ unter Bundesminister (BM) Dirk Niebel verharrte unter 0,4 %. Inhaltlich ist eine klare Verlagerung von „Armutsbekämpfung als überwölbendem Ziel“ zur Außenwirtschaftsförderung festzustellen. Das entspricht nicht den Richtlinien des De-velopment Assistance Committee (DAC) der OECD und widerspricht den Warnungen des DAC in den beiden Peer Reviews von 2005 und 2010. Die Selbst- oder Mitbestimmung der Partner wurde nicht ausgebaut, sondern beschnitten. Als „Ersatzvornahme“ für die ei-gentlich gewollte und vom DAC geforderte Fusion von GTZ und KfW Entwicklungsbank wurden InWEnt und DED mit der GTZ vereinigt zur GIZ; eine Fusion, in der die Inhalte „Unternehmen“ und „Dienst“ nicht zueinander passen. Ob neue Finanzierungsquellen, et-wa die Finanztransaktionssteuer, wirklich zur Steigerung der Entwicklungsfinanzierung führen werden, ist nicht gesichert. So darf es nicht weiter gehen.
Ludger Reuke Bücher





Diese Neubearbeitung unserer bisherigen Studien von 2003 und 2006 über den Beitrag der Bundesländer zur deutschen „Offiziellen Entwicklungsunterstützung“, der ODA, leidet unter der „Datenödnis“, dem Verlust von nach 2005 nicht mehr erhobenen Daten zur Grobaufschlüsselung der entwicklungsrelevanten Leistungen der Bundesländer; sie ist daher zu unserem Bedauern weniger aussagekräftig als ihre Vorgänger. Sie beschreibt zunächst den Gesamtrahmen der deutschen ODA und ordnet die Leistungen der Bundesländer darin ein. Sie wendet sich gegen die fortdauernde Verschleierung der Kürzungen, die durch die eigentlich nicht zulässigen „Studienplatzkosten“ überdeckt werden, und gegen die weitere Vergrößerung der sich seit Jahrzehnten weitenden Lücke zwischen der gut formulierten „Verbalität“ und der dürren Realität bei den entwicklungsrelevanten Leistungen. So ergibt sich wie 2006 die – leider noch verstärkte – Quintessenz: Die Bundesländer haben sich aus ihrer entwicklungspolitischen Verantwortung gestohlen – und wissen dabei genau, was sie (nicht) tun. Das erfordert entschiedene Gegenwehr.
Die vorliegende Studie ist eine Fortschreibung und Neubearbeitung früherer Analysen zur deutschen „Offiziellen Entwicklungsunterstützung“ (ODA). Grundlage sind umfangreiche Statistiken und Grafiken, deren Daten hauptsächlich vom DAC/OECD, dem Statistischen Bundesamt und dem BMZ stammen. Die deutsche und europäische Diskussion wird berücksichtigt, wobei der Fokus auf den Diskrepanzen zwischen den gegebenen Zusagen und den tatsächlichen Leistungen der deutschen Seite liegt. Wichtige Themen wie Good Governance und Korruptionsbekämpfung treten in den Hintergrund. Die Studie analysiert überwiegend den deutschen und europäischen Erfolg und Misserfolg, weniger den der Entwicklungsländer. Der Anstieg der ODA-Quote von 0,26% im Jahr 1998 auf 0,35% im Jahr 2005 war größtenteils auf Schuldenerlasse zurückzuführen. Zwischen 2006 und 2008 stiegen die entwicklungsrelevanten Mittel aus dem BMZ-Haushalt, was einen starken Rückfall im Jahr 2009 verhinderte. Ein Zuwachs nach 2010 wird nur in bescheidenem Maße erwartet, es sei denn, die Hoffnungen auf die Finanztransaktionssteuer erfüllen sich. Das Zwischenziel von 0,51% für 2010 gilt als „unerreichbar“, und das seit 40 Jahren versprochene 0,7%-Ziel für 2015 ist stark gefährdet. Zudem sind die „Studienplatzkosten“ nur geringfügig gesenkt worden, und die ODA-Anrechnung der Klimakosten ohne Erhöhung der Quote ist Realität, was nicht akzeptabel ist.