Die ATB ist die traditionsreichste Editionsreihe der germanistischen Mediavistik. Begrundet 1881 von Hermann Paul, wurde sie von fuhrenden Fachvertretern, Georg Baesecke, Hugo Kuhn, Burghart Wachinger, betreut. Seit 2001 liegt die Verantwortung in den Handen von Christian Kiening. Die mittlerweile etwa 120 Bande verknupfen exemplarisch Handschriftennahe und Lesbarkeit, wissenschaftliche Arbeit am Text und Blick auf die akademische Lehre. Sie umfassen anerkannte, zum Teil kommentierte Ausgaben 'klassischer' Autoren der Zeit um 1200, aber auch veritable Werkausgaben (Notker der Deutsche) und anspruchsvolle Neueditionen (Eckenlied, Heinrich von dem Turlin).
Im Zentrum dieses Bandes steht das Nibelungenlied, seine literarische Stellung in der höfischen Literatur der Zeit um 1200 und die Entfaltung des Textes in der Überlieferung vom 13. bis ins frühe 16. Jahrhundert. Gegen den herrschenden Trend, den Text ohne Rücksicht auf die Sage zu lesen, aus der er erwachsen ist, wird diese im Horizont aktueller kulturwissenschaftlicher Fragestellungen neu ins Bewußtsein der Forschung gehoben. Breiter Raum ist der Rezeption des Nibelungenstoffs in der Neuzeit gewidmet: seiner nationalideologischen Vereinnahmung im 19. und 20. Jahrhundert, seiner Neuformulierung in Literatur, Oper und Film sowie seiner Darstellung in der bildenden Kunst von Johann Heinrich Füssli bis in die Gegenwart. Der Band erscheint in Zusammenhang mit der Ausstellung „Uns ist in alten Maeren ... Das Nibelungenlied und seine Welt“, die vom 13.12.2003 bis 14.3.2004 im Schloß Karlsruhe stattfindet. Anlaß der Ausstellung ist der Erwerb der Nibelungenlied-Handschrift C mit Geldern der Landesbank Baden-Württemberg, der Kulturstiftung der Länder, der Bundesregierung und der Freifrau Christina von Laßberg. Seit dem Jahre 2001 befindet sich die Handschrift als Eigentum der Landesbank Baden-Württemberg und der Bundesrepublik Deutschland in der Badischen Landesbibliothek.
Die Nibelungen sind ein deutscher Mythos. Vom Nibelungenlied über Wagners »Ring des Nibelungen« und Fritz Langs Nibelungen-Film bis zur fatalen Rede von Nibelungentreue bis in den Untergang reicht die Verwurzelung des Stoffs im kollektiven Bewusstsein und Halbbewusstsein, und darüber hinaus. Denn die Popularität der Geschichten vom Helden Siegfried und Rächerin Kriemhild, von Burgunden und Hunnen führt in germanische Vorzeiten zurück. Joachim Heinzle zeichnet die Entwicklung dieses Mythos in Texten und Bildern nach: von der Edda über die Wiederentdeckung des Nibelungenlieds im 18. und seine Nationalisierung im 19. Jahrhundert bis hin zu Heiner Müller.
Dieser Teilband untersucht die literarische Entwicklung vom 13. Jahrhundert bis etwa 1290, als sich alte Gattungen wandeln und neue Formen wie Rechtsprosa und geistliches Schauspiel entstehen. Diese Veränderungen stehen im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Umwälzungen, insbesondere der Umstrukturierung der Herrschaft und der Erneuerung des religiösen Lebens durch Bettelorden.
Neben seinem bekanntesten Werk über den Gralsucher Parzival verfasste Wolfram von Eschenbach zwei weitere Romane und war auch als Minnesänger tätig. Sein lyrisches Œuvre ist umso kostbarer, als nur neun Lieder in vier Handschriften von der Mitte des 13. bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts überliefert sind. Fünf von ihnen gehören einer Sondergattung der höfischen Lyrik an: es handelt sich um Tagelieder, die von der Trennung der Liebenden nach einer verbotenen Liebesnacht erzählen. Das höfische Tagelied des Mittelalters ist eine Erfindung provenzalischer Trobadors des 12. Jahrhunderts. Wolfram hat das Genre sprachmächtig und bildgewaltig auf eine neue und nie wieder erreichte Höhe der Kunst gehoben. Seine Tagelieder gehören zum Größten, was die Lyrik nicht nur des Mittelalters hervorgebracht hat. Joachim Heinzle erschließt Wolframs Tagelieder zusammen mit den anderen Liedern im mittelhochdeutschen Original und in neuhochdeutscher Übersetzung. Sein ausführlicher Kommentar begründet die Herstellung der Texte, die zum Teil von den älteren Ausgaben abweicht, und gibt die nötigen sprachlichen und sachlichen Erläuterungen
Beiträge zum Verständnis von Nibelungensage und Nibelungenlied
345 Seiten
13 Lesestunden
Der Band vereinigt Beiträge zur Nibelungensage und zum 'Nibelungenlied', die in den Jahren 1987 bis 2012 erschienen sind. Das Themenspektrum reicht von der Ausbildung der Nibelungensage im frühen Mittelalter und ihrer Stellung im Kreis der großen europäischen Heldensagen (Troia-Sage, Roland-Sage) über Entstehung, Überlieferung und Poetik des 'Nibelungenliedes' bis zur Rezeption von Lied und Sage im 18. und 19. Jahrhundert. Besondere Aufmerksamkeit gilt dem eigentümlichen Verfahren des 'Traditionellen Erzählens' im 'Nibelungenlied': der für das Verständnis grundlegenden Tatsache, dass der Text darauf angelegt ist, im Bezug auf eine übergreifendende Erzählwelt wahrgenommen zu werden. Die Beiträge zur Rezeption verfolgen die Wandlungen der Nibelungen-Ikonographie vom Klassizismus bis zum Jugendstil bei Johann Heinrich Füssli, Peter Cornelius, Carl Emil Doepler (dem Kostümbildner der ersten Gesamtaufführung von Richard Wagners 'Ring des Nibelungen') und Josef Sattler. Für den Wiederabdruck wurden alle Beiträge von Grund auf überarbeitet, ergänzt und auf den aktuellen Forschungsstand gebracht. Umfangreiche Register erschließen den Band. 62 Abbildungen sorgen für die nötige Anschauung.
Das von führenden Fachleuten erarbeitete Handbuch informiert umfassend über Wolfram von Eschenbach und seine Werke (Lieder, Parzival, Titurel, Willehalm). Für die einbändige Studienausgabe wurde der Text der zweibändigen Ausgabe von 2012 lediglich um die separate Forschungsbibliographie gekürzt. Eine Darstellung der historisch-biographischen Grundlagen und der Wirkung Wolframs im Mittelalter eröffnet den Band. Es folgen Abschnitte zu den Liedern, zu den Darstellungsmitteln und Darstellungsformen in den erzählenden Werken, zu den drei Romanen (Abriss der Handlung, Stoff, Überlieferung, Themen und Motive, Perspektiven der Interpretation) und zur Rezeption der Werke in der Neuzeit (Wiederentdeckung Wolframs und Anfänge der Forschung, Richard Wagners Parsifal, Parzival/Parsifal in Literatur und bildender Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts, Lokale und regionale Wolfram-Verehrung). Die Darstellungen werden ergänzt durch breit angelegte Dokumentationen: Ein alphabetisch geordnetes ‚Figuren-Lexikon‘ verzeichnet alle wichtigen Gestalten der Romane. Ein beschreibendes Verzeichnis dokumentiert die gesamte Überlieferung der Werke Wolframs, des Jüngeren Titurel und der Willehalm-Fortsetzungen.