Der apokalyptische Traum, mit dem Untergang der alten, verdorbenen Welt werde eine neue, vollkommene erstehen, fasziniert die Menschen seit langem. Die zwiespältige Vision, daß Erlösung durch Vernichtung zu erlangen sei, beschäftigte die Deutschen häufiger und stärker als andere Völker. Die Ambivalenz der Apokalypse, die gegen Ungerechtigkeit, Unterdrückung und menschliches Leid protestiert und dennoch mörderische Konsequenzen haben kann, wurde durch deutsche Dichter, Denker und Täter am schärfsten ausgeprägt, so daß Deutschland in besonderem Maß als Land der Apokalypse erscheint.
Klaus Vondung Bücher
Klaus Vondung ist ein deutscher Gelehrter im Bereich der Kultur- und Germanistikwissenschaften. Seine akademische Arbeit konzentriert sich auf das vielschichtige Wechselspiel von Literatur, Politik und Religion während des Deutschen Kaiserreichs, des nationalsozialistischen Deutschlands und darüber hinaus. Er erforscht die tiefgreifenden Verbindungen zwischen diesen Bereichen und ihren bleibenden Einfluss auf deutsches Denken und Gesellschaft.






Einheit? ist etwas, nach dem die Menschen in mancherlei Hinsicht verlangen. Sie versuchen, ihr Leben in einen Zustand existentieller Einheit zu bringen; sie sehnen sich nach der Vereinigung mit einem geliebten Menschen; sie streben nach der gesellschaftlichen Einheit verschiedener Klassen; sie kämpfen für die politische Einheit einer Nation; sie spekulieren über die Einheit von Wissen und Glauben. In diesen und in vielen anderen Fällen ist ?Einheit? ein symbolisches Äquivalent für ?Vollkommenheit?. 00Das Spektrum, das in diesem Buch entfaltet wird, reicht vom Ideal romantischer Liebe bis zu den Visionen einer vollkommenen Liebe im Cyperspace, von den Entwürfen einer Universalwissenschaft in der frühen Neuzeit bis zur Suche nach der ?Theory of Everything? in der Physik unserer Tage, vom humanistischen Konzept ganzheitlicher Persönlichkeit bis zu den mörderischen Konsequenzen des nationalsozialistischen Vorhabens, eine rassisch einheitliche Volksgemeinschaft zu schaffen. Ist das Streben nach Einheit und Vollkommenheit desavouiert? Sind die Ziele überhaupt erreichbar? Und bietet die 1989/90 gewonnene deutsche Einheit Anlass zu neuen Überlegungen?
Hrsg. Vondung, Klaus. Zahlr. Beiträge. 208 S.
Die Apokalypse prophezeit das Ende, das Ende der alten Welt und den Beginn eines neuen Himmels und einer neuen Erde, so die Offenbarung des Johannes und viele weitere religiöse Prophezeiungen. Aber dies Ende ist noch nie eingetreten. Auch säkulare, politische Spekulationen sagten nach apokalyptischer Art das Ende einer alten Welt voraus, und die Schaffung eines irdischen Paradieses und eines neuen Menschen. Diese Vorhersagen und die Versuche, eine neue Gesellschaft und einen neuen Menschen zu schaffen, blieben ebenfalls unerfüllt. Seit Hiroshima wird mit ‚Apokalypse’ oft nur noch Untergang assoziiert, Vernichtung ohne Aussicht auf Erlösung. Die ‚kupierte’ Apokalypse bringt nicht Hoffnung zum Ausdruck, sondern Angst vor dem Ende, dem Ende menschlichen Lebens durch einen nuklearen Krieg oder durch zunehmende Zerstörung der Umwelt und unserer Lebensbedingungen. Auch die Angst vor Katastrophen wie derjenigen von Fukushima und vor den mörderischen Attacken des Terrorismus artikuliert sich im Schlagwort ‚Apokalypse’. Der Essay lässt die Hoffnungen und Ängste Revue passieren, die während der letzten Jahrzehnte als ‚Apokalypse’ die Menschen beschäftigten, und er analysiert, warum nach wie vor ‚Apokalypse’ der Generaltitel für diese Hoffnungen und Ängste ist.
Der Nationalsozialismus ist nicht zu verstehen, wenn man seinen religiösen Charakter nicht beachtet. Seine Anziehungskraft bestand für viele seiner Anhänger darin, dass er die Wiederherstellung einer geeinten Volksgemeinschaft versprach und dass er dieses Ziel als »heiligen« Wert anpries. Hitler versprach nicht nur die Lösung politischer, gesellschaftlicher und materieller Probleme; er antwortete auf ein weitverbreitetes Verlangen nach »Erlösung«. Das Versprechen auf Erlösung überhöhte das Politische ins Religiöse und unterbreitete zugleich ein existentielles Sinnangebot. Die religiöse Aufladung des Politischen äußerte sich im Dritten Reich in unterschiedlichen Formen, denen Vondung nachgeht: vom »Glauben« überzeugter Nationalsozialisten über die kultischen Veranstaltungen der Partei, in denen die »Volksgemeinschaft« als Glaubensgemeinschaft und der Führer als »Erlöser« gefeiert wurden, bis hin zur gleichsam religiösen Rechtfertigung der Verfolgung der Juden, die als »böser Feind der Menschheit« für alle Übel der Welt verantwortlich gemacht wurden.
Jenseits der entzauberten Welt
Naturwissenschaft und Mystik in der Moderne
In der Moderne gibt es bis heute mystische Weltbilder, sie finden sich in Kernbereichen moderner Wissenschaft und Kultur: in Kosmologie und Quantenphysik, in den Biowissenschaften und der Computertechnologie. Mystik und Moderne scheinen Gegensätze zu sein. Doch mit dem Siegeszug der modernen Naturwissenschaften im 19. und 20. Jahrhundert ist der Einfluss des Mystischen keineswegs versiegt. Es erscheint gerade auch innerhalb von Denkbewegungen und Weltbildern, die man üblicherweise der rationalistisch entzauberten Welt der Moderne zuordnet: in ›holistischen‹ Weltbildern der Physik, in Spekulationen über die Vereinigung des Bewusstseins mit dem Datenuniversum des ›Cyberspace‹, in neurowissenschaftlich veränderten Menschenbildern.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts setzte ein, was aus heutiger Sicht als erste Welle der ökonomischen Globalisierung erscheint. Die weltwirtschaftliche Integration erreichte innerhalb nur weniger Jahrzehnte ein Ausmaß, das durchaus an das gegenwärtige Niveau heranreicht und es zum Teil noch immer übertrifft. Cornelius Torp zeigt, wie groß die Herausforderung war, die die Globalisierung für die Gesellschaft und die Politik des Deutschen Kaiserreichs darstellte, als die Außenhandelspolitik in das Zentrum der politischen Auseinandersetzungen rückte und den Handlungsspielraum der Regierung beschränkte. Die Studie verbindet in vorbildlicher Weise ökonomische und historische Analyse, die in ihren Ergebnissen einen neuen, ertragreichen Zugriff auf die Geschichte des deutschen Kaiserreichs bietet.
Paths to Salvation: The National Socialist Religion
- 168 Seiten
- 6 Lesestunden
Exploring the intersection of religion and National Socialism, this work delves into the various forms of religious expression that emerged during this tumultuous period in Germany. It examines how faith was shaped and manipulated under the Nazi regime, offering insights into the complexities of belief and ideology in a time marked by oppression and conflict. The book provides a critical analysis of the ways in which religion was both a tool for propaganda and a source of resistance.