Bernd Nitzschke Bücher






Das Buch führt den Leser in das Gesamtwerk des großen Psychoanalytikers Sigmund Freud ein, mit dem Ziel die Systematik und innere Kohärenz des Freudschen Gedankengebäudes zu verdeutlichen, nachvollziehbar und verständlich zu machen. Als didaktisches Mittel werden dabei vornehmlich Freuds eigene Worte - sorgfältig zusammengestellt, aufbereitet und kommentiert - eingesetzt, die in sechs Kapitel gruppiert sind: Basiskonzepte, Methode der freien Assoziation, Sexualitätskonzept, Theorie der psychischen Erkrankung, Behandlungskonzept und Kulturtheorie.
Entweder wahrer Freudianer oder verstoßener Dissident – diese und andere Spaltungen haben zu manchen persönlichen Tragödien geführt und die Psychoanalyse im 20. Jahrhundert wiederholt in Sackgassen getrieben. Aber auch Kritiker der Psychoanalyse haben in unversöhnlichen Gegensätzen gedacht: Entweder konnten sie die Psychoanalyse ihrem eigenen Methodenkanon unterwerfen, oder sie mussten sie als Wissenschaft verwerfen. Nitzschkes Essays zeichnen die nahezu unvermeidbaren Dualismen nach – sowohl in Freuds Person selbst als auch in seinen persönlichen Beziehungen und in den wissenschaftlich-ideologischen Auseinandersetzungen.
Schon vor Freud hatten viele, vor allem Dichter und Denker, versucht, das Ausland im Innern zu betreten und Bilder von ihren Reisen durch »Inner-Afrika« (Freud) mitzubringen. Für die Erforschung des in der eigenen Brust versunkenen dunklen Kontinents konnte Freud also die Erfahrung anderer nutzen, darunter vor allem die Schopenhauers und Nietzsches. Doch er verwaltete das Erbe nicht nur; er verstand es auch, überkommene Denktraditionen zu überwinden und die Grenzen der Selbst-Erkenntnis in bis dahin unbekanntes Terrain auszuweiten. Wie eng psychoanalytische Konzepte und Begriffe mit der Geistesgeschichte verflochten sind, wie sehr sie aufklärerische und romantische, philosophische und naturwissenschaftliche Diskurse bündeln und so eine Verbindung zwischen Tradiertem und Neu-Entdecktem ermöglichen, rekonstruiert Bernd Nitzschke in seinen Essays.
Die Porträtskizzen, die Bernd Nitzschke in diesem Band entwirft, enthüllen überraschend neue Züge des Entdeckers der Psychoanalyse: Freud als Schüler, als Lehrer, als ein mit dem Mann Moses identifizierter Moralist und schließlich Freud als »Genie«, das mehr als jeder andere Denker das Menschenbild des 20. Jahrhunderts geprägt hat, werden durch Nitzschkes detaillierte Studien greifbar und nacherlebbar. So werden Facetten der Persönlichkeit Freuds deutlich, die der offiziösen Freud-Biographik bisher kaum einen Blick wert waren – Gefühle von Einsamkeit und Isolation im Leben Freuds, seine Liebessehnsucht, aber auch seine lebenslang anhaltende Beschäftigung mit dem Tod. Und Nitzschke betrachtet auch die kleinen Verehrer des großen Mannes, jene, die mit ihrer Idolatrie mindestens ebenso den Nachruhm Freuds beschädigen wie es unsachliche Kritik versucht.


