Klaus Herding Bücher






Im Rahmen des gegenwartigen Diskurses uber die Neubestimmung der Kulturwissenschaften fragen sechs international bekannte Autorinnen und Autoren, wieweit Kunstwerke auf die gegenwartige Gesellschaft einwirken und diese bewegen oder auch aufklaren konnen. Wahrend heute vielfach wieder eine unreflektierte Andachtshaltung vorherrscht, wird hier das Modell blosser Verehrung fur Kunst in Frage gestellt und zugleich einer freieren emotionalen Zuwendung der Weg geebnet. An unterschiedlichen Gegenstanden werden grundsatzliche Positionen gegenwartiger Kunstwissenschaft erprobt. Sie alle verbindet das Ziel, aufklarend wirken zu wollen und zugleich den Blick nach innen, auf die Selbsterfahrung des Kunstlers, zu lenken."
Die Romantik neu erfinden?
- 72 Seiten
- 3 Lesestunden
Unverkennbar beruft sich Gegenwartskunst vielfach auf die Romantik. Will man darin nicht einfach eine rückwärtsgewandte Strömung erblicken, stellt sich die Frage, wo die Berührungspunkte liegen. Trägt romantische Kunst, als Weltbefragung und Selbsterkundung verstanden, ein Potential in sich, das auch für heutige Kunst produktiv werden kann? Mit der Analyse ausgewählter Werke von Caspar David Friedrich und Spitzweg, Ingres und Doré, William Hunt und James Whistler, Feininger und Max Ernst, bis hin zu Joseph Beuys, Anselm Kiefer und Gerhard Richter werden zahlreiche Verbindungen nachgewiesen. Was sich über zweihundert Jahre als tragfähig erwiesen hat, sind weniger die Motive romantischer Kunst als vielmehr ihr Potential, mit schöpferischer Unruhe die Welt zu verändern. Damit eröffnet sich eine neue Sicht auf ein Gebiet, das uns allzu vertraut erschien.
Gustave Courbet (1819–1877) gilt als bedeutendster Vertreter des Realismus und Vorkämpfer einer sozial engagierten Malerei. Mit seinen lebensnahen Darstellungen setzte er sich über die Konvention der Idealisierung in der Kunst hinweg. Courbet hatte jedoch auch eine andere Seite: In seinen Porträts, Landschaftsbildern, Zeichnungen und Stillleben schildert er eine Welt der Versunkenheit, der Nachdenklichkeit und der Innenwendung, die ganz im Gegensatz zur hektischen Industrialisierung seiner Zeit steht. Die Publikation stellt diesen 'anderen' Courbet vor, der von der deutschen Romantik ausgehend die Vision einer poetischen Kunst der Moderne realisiert, wie sie dann bei Paul Cézanne und Pablo Picasso, aber auch im Symbolismus und Surrealismus weiterentwickelt wurde. Die Versenkung in das Innere einer Persönlichkeit, in die Abgelegenheit unberührter Natur, aber auch die Thematisierung und Auflösung der Materie sind Ursachen dafür, dass sich viele Künstler der Gegenwart auf ihn berufen. (Englische Ausgabe ISBN 978-3-7757-2629-0) Ausstellung: Schirn Kunsthalle Frankfurt 15.10.2010–30.1.2011
1968
- 70 Seiten
- 3 Lesestunden
Ein Umbruch in Politik und Kunst geschah selten gleichzeitig. Während der politische Wandel abrupt eintrat, entwickelten sich künstlerische Innovationen zwischen 1963 und 1967. Der 'kurze Sommer der Liebe' fand 1967 statt, als auch die Beatles ihren Durchbruch hatten. 1968 war der Aufbruch vorbei, während die Politik, drei Jahre nach Beginn des Vietnamkriegs, langsam erwachte. Die Kunst bereitete den Boden für die Politik, indem sie utopische Gelüste nährte und späteren Maßnahmen gegen emanzipatorische Bewegungen den Weg ebnete. Klaus Herding, Kunsthistoriker und Zeitzeuge, analysiert in seinem Essay die wenig erforschte Kunst der Jahre 1963-1967, insbesondere psychedelische Kunst und Pop Art. Er beleuchtet amerikanische Künstler wie Hamilton, Indiana, Kienholz, Lichtenstein, Oldenburg, Rauschenberg und Warhol sowie europäische Künstler wie Arman und Beuys. Diese Künstler versuchten, hohe und Alltagskunst zu verbinden, die Grenzen der Gattungen zu öffnen und kulturelle Barrieren zu überwinden, um die Sinneswahrnehmung zu erweitern. In fünf Thesen wird die heutige Relevanz dieser Kunst aufgezeigt. Herding sieht in der Kunst der späten 60er Jahre einen weltweiten Versuch, Herrschaft zu demaskieren. Diese Kunst bot einen Vorgeschmack auf Freiheit, der von der 1968er Bewegung aufgegriffen wurde. Paul Virilio prägte dazu 1966 den Slogan: “Die Phantasie an die Macht!"
Wie sich Gefühle Ausdruck verschaffen
- 364 Seiten
- 13 Lesestunden
Wie sich Gefühle Ausdruck verschaffen - in bildender Kunst, Musik, Literatur, aber auch im Alltag - das beschäftigt Natur- und Kulturwissenschaftler seit Jahren. Immer drängender wird diese Frage von der Neurophysiologie gestellt, und auch bei der Erforschung künstlerischer und medialer Erfahrungen rückt das Ausloten von Emotionen in den Vordergrund, wohl deshalb, weil Gefühle aus der effizienzbeherrschten Alltagswelt vertrieben oder kommerzieller Nutzung unterworfen sind. Die hier publizierte Abschlusstagung des Graduiertenkollegs „Psychische Energien bildender Kunst“ bietet unterschiedliche Vorschläge aus vielen Fachrichtungen an. Die Beispiele reichen von spätmittelalterlicher Malerei bis zu Gedichten, Filmen und Videoclips der Gegenwart. Sie untersuchen Körpersprache, Gesten, Farbe und Form, stets im Rekurs auf historisch-politische, erkenntnistheoretische und naturwissenschaftliche Rahmenbedingungen.