Norbert Rath Bücher






Der Terminus „zweite Natur“ wird um 1800 zu einem Schlüsselbegriff der Anthropologie, der Ästhetik und der Kulturtheorie. Als Ausdruck einer Krise des Traditionsbewußtseins kommt es zu einer semantischen Verschiebung: „Zweite Natur“ bezeichnet nicht mehr nur die überkommene Gewohnheit, sondern die Sehnsucht nach einer neuen Unmittelbarkeit. „Zweite Natur“ wird zu einem Potenzierungsbegriff, der die Möglichkeit der Wiederkehr einer neuen, höheren, gesteigerten Natur inmitten der Kultur thematisiert. Im Begriff der „zweiten Natur“ ist immer eine Spannung zu dem jeweils als „erste Natur“ Verstandenen mitgedacht. Seit dem Ausgang des 18. Jahrhunderts geht es dabei immer wieder um die Frage, ob die Menschen ihre Entfernung von „naturnahen“ Verhältnissen ausbalancieren oder sogar zugunsten einer neuen Einheit auf höherer Stufe überwinden können. Der Autor zeichnet die neuere Geschichte des Begriffs der „zweiten Natur“ nach. Dabei zeigt sich, daß eine starre Entgegensetzung von „Natur“ und „Kultur“ nicht zu halten ist. In allen geschichtlichen Wandlungen bleibt menschliche Natur auch „zweite Natur“, kulturellen Bedingungen unterworfen und sie wiederum hervorbringend.
Zum Werk von Bert Brune
Einladung zur Lektüre
Der vorliegende Band versammelt Aufsätze zu Michel de Montaigne, Georg Christoph Lichtenberg, Karl Philipp Moritz, Friedrich Hölderlin, Karl Kraus, Hermann Hesse, Franz Kafka, Walter Benjamin, Theodor W. Adorno, Alexander Kluge und Peter Bürger. Es geht um Modelle der Kritik seit Montaigne. Nicht beliebige Beispiele der Literatur- und Philosophiegeschichte sollen aneinandergereiht werden, sondern die vorgestellten Grenzgänger zwischen Literatur und Philosophie mögen jeweils exemplarisch für eine bestimmte Form von Kritik stehen: Kritik an religiösem Dogmatismus bei Michel de Montaigne, Sprach- und Erkenntniskritik bei Georg Christoph Lichtenberg, Sozial- und Erziehungskritik bei Karl Philipp Moritz, Arbeit am Mythos bei Friedrich Hölderlin und Franz Kafka, Kritik an der fatalen Begeisterung beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs bei Karl Kraus und Hermann Hesse, Faschismus- und Stalinismuskritik bei Walter Benjamin, Ideologie- und Kulturkritik bei Theodor W. Adorno und Alexander Kluge, Kritik an der „Institution Kunst“ bei Peter Bürger. In den Kapiteln zu Montaigne, Moritz, Benjamin und Adorno spielt darüber hinaus auch die Frage nach dem jeweils zugrunde liegenden Konzept von Glück eine wichtige Rolle.
Die Methode des biografischen Verstehens gewinnt in Psychologie und Psychotherapie, Erziehungs- und Sozialwissenschaften zunehmend an Bedeutung. Sigmund Freud gehört zu den Pionieren dieser Methode, auf deren Grundlage er zentrale Konzepte seiner Lehre entwickelt hat. Schon in den Brautbriefen Freuds spielt biografisches Verstehen eine bedeutende Rolle, für seine Fallstudien ist es die wichtigste Methode. Das vorliegende Buch gibt einen Überblick über die zentrale Thematik des biografischen Verstehens bei Freud, die exemplarisch für psychoanalytische Therapie und Theoriebildung geworden ist. Gezeigt wird, wie Freud diese Methode ausbildet, verfeinert und sich mit ihrer Hilfe von Mitstreitern und späteren Rivalen wie Adler und Jung abgrenzt. In Karikaturen und Cartoons wird häufig versucht, Freuds Version des Verstehens und Deutens zu parodieren. Der Beitrag von Julia Quante erläutert, wie Cartoonisten Freud verstehen – und missverstehen. Mit einem Beitrag von Julia Quante
Negative: Glück und seine Gegenbilder bei Adorno
- 219 Seiten
- 8 Lesestunden