«Sie haben die grösste Wut, weil sie masslos enttäuscht sind.» So hiess es 1934 in den Deutschland-Berichten der Sozialdemokraten über die Funktionäre der Nationalsozialistischen Betriebszellen-Organisation (NSBO). Diese Vertreter des Arbeitnehmer-Flügels der NSDAP waren von einer «antikapitalistischen Sehnsucht» getrieben, in der Hoffnung, im NS-Staat das «Erbe der Gewerkschaften» antreten und die Interessen von Arbeitern und Angestellten in der «Volksgemeinschaft» vertreten zu können. Doch sie mussten mit diesen Hoffnungen scheitern. Die zentrale Frage bleibt, wie es am Ende der Weimarer Republik dazu kam, dass sich «Arbeiter auf den Weg zu Hitler» machten. Was war der Anknüpfungspunkt gesellschaftlicher und sozialer Hoffnung im Nationalsozialismus, der das «Missverständnis der NSBO» ermöglichte? Woraus bezog der Nationalsozialismus seine Anziehungskraft als vermeintliche Problemlösung? Welche Gruppen unter den Arbeitnehmern waren anfällig, diesen Weg zu gehen? Diese Fragen sind unbequem, aber sie beleuchten die massenwirksame Chance totalitärer Ideologien. Das Beispiel dieser bizarren Betriebszellen-Organisation bietet einen Einblick in ein Kapitel der Zeitgeschichte, das über die Grenzen von Politik- und Geschichtswissenschaft hinaus von Bedeutung ist.
