Angeregt durch Filme wie „Der Untergang“ (2004) und „Mein Führer - Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler“ (2006) hat die Frage, ob und wie Hitler dargestellt werden kann, hierzulande neue Aktualität erlangt. Im Oktober 2007 beschäftigte sich eine Tagung der Deutschen Kinemathek und der Bundeszentrale für politische Bildung mit den Veränderungen, die die filmische Darstellung Hitlers und ihre Rezeption in den vergangenen rund 65 Jahren geprägt haben, sowie mit dem Einfluss dieser Darstellung auf unser Bild von der historischen Figur Hitler. Dabei wurden film- und fernsehwissenschaftliche Perspektiven ebenso vorgestellt und diskutiert wie aktuelle Deutungsansätze aus Geschichtswissenschaft, Psychologie, Soziologie und Kulturwissenschaft. Der vorliegende Band versammelt die zum Teil erweiterten Vorträge der Tagungsteilnehmer, unter ihnen Margrit Frölich, Detlef Kannapin, Judith Keilbach, Ronny Loewy, Jan Marbach, Boris Schafgans, Claudia Schmölders, Sonja Schultz, Hans-Ulrich Wehler und Michael Wildt.
Rainer Rother Bücher






Linientreu und populär
- 220 Seiten
- 8 Lesestunden
Ufa – mit den drei Buchstaben verbindet sich eine nunmehr hundertjährige Film- und Fernsehgeschichte. Dieses Buch widmet sich ihrem umstrittensten Kapitel: In der Zeit des Nationalsozialismus gingen bei dem expandierenden Konzern populäre Formen des Erzählens und politische Selbstunterwerfung Hand in Hand. Die Filmstadt Babelsberg mit ihrer Architekturgeschichte, der Ufa-Lehrschau und der Deutschen Filmakademie steht ebenso im Fokus der Untersuchungen wie die in den Studios beschäftigten Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter. Wie sahen die Verbindungen der Ufa ins Ausland aus, und was waren die Vorlieben des Kinopublikums? Welche Männer- und Frauenbilder wurden in den Ufa-Produktionen entworfen, welche (unerfüllten) Sehnsüchte der Deutschen spiegelten sich in diesen Filmen? Ein Epilog widmet sich der bislang wenig beachteten Entflechtung und Neuausrichtung des Konzerns nach dem Zweiten Weltkrieg.
Seit Jahrzehnten bewegt sich die Einschätzung von Leni Riefenstahl in stereotypen bahnen. Ihr Werk und seine Bedeutung für die moderne Bildästhetik sind dabei häufig übersehen worden. Der Filmwissenschaftler Rainer Rother unterzieht ihre Filme einer kritischen Analyse und stellt die Künstlerin in einen historischen Kontext. Anhand zahlreicher Zeitdokumente zeichnet er Riefenstahls Lebensstationen, ihr Verhältnis zum Nationalsozialismus sowie ihr übersteigertes Selbstverständnis nach. Entstanden ist das komplexe Portrait einer der umstrittensten Regisseurinnen der Filmgeschichte.
Die deutsche Filmgeschichte wird in einer sorgfältig kuratierten und ansprechend gestalteten Sammlung präsentiert, die sowohl informativ als auch visuell ansprechend ist. Diese Institution bietet einen einzigartigen Zugang zu bedeutenden Aspekten des deutschen Films und macht dessen Geschichte für ein breites Publikum erlebbar.
US-amerikanische Schauspielerinnen hatten im Hollywood der 1930er und 1940er Jahre mit zahlreichen Einschränkungen zu kämpfen. Dennoch zeigt das komödiantische Œuvre von Mae West, Rosalind Russell und Carole Lombard, dass sie sich mit jeweils unterschiedlichen Strategien über diese Grenzen hinwegsetzten und Klischees hinter sich ließen. Als "female leading comedians" ihrer Zeit erreichen Mae West (1893?1980), Rosalind Russell (1907-1976) und Carole Lombard (1908-1942) bis heute ihr Publikum auf ganz individuellen Wegen: Mae West spielt mit den Klischees des Weiblichen und kehrt mit zweideutigen Blicken und anspielungsreicher Sprache etablierte Geschlechterverhältnisse um. Rosalind Russell besticht in ihren Rollen der selbstbewussten Karrierefrau durch schlagfertigen Witz und überrascht zugleich mit Slapstick-Komik. Carole Lombard überzeugt mit subtiler Eleganz, mal als verwöhnte Millionenerbin, mal als ehrgeizige Schauspielerin, die Bühne oder Leinwand erobern will. Rainer Rother stellt diese Stars, die im Zentrum der Berlinale Retrospektive 2021 stehen, in einem großen Essay vor. Es zeigt sich: Komödien nutzen Klischees, spielen mit ihnen ? brechen sie jedoch auch. In den schauspielerischen Leistungen von West, Russell und Lombard findet die "goldene Ära" von Hollywood ihren ebenso mutigen wie anmutigen Kommentar
In den letzten Jahren des Nationalsozialismus strömten mehr Zuschauer ins Kino als je zuvor, mit über einer Milliarde Kinobesuchern jährlich in den frühen 1940er Jahren. Dabei waren nicht nur unterhaltende Produktionen wie Revuefilme Kassenschlager, sondern auch Propagandafilme wie BISMARCK und JUD SÜSS erfreuten sich großer Beliebtheit. Diese Filme entfalten ihre Wirkung durch spezifische filmische Gestaltungselemente, die in dieser Untersuchung beleuchtet werden, einschließlich weniger bekannter Werke wie STOSSTRUPP 1917 und PATRIOTEN. Es wird analysiert, welche Eigenschaften diese Filme zu einem „Filmerlebnis“ für ein breites Publikum machten. Genres wie das Melodram und der Historienfilm erlebten eine Blütezeit, während NS-spezifische Formate wie die „heroische Reportage“ und der „Zeitfilm“ populär wurden. Die propagandistischen Filme knüpften an die Sehgewohnheiten und politischen Einstellungen des Publikums an und boten, was die Zuschauer wünschten. Es wird untersucht, was die Attraktivität der Propagandaproduktionen ausmachte und wie Staatsaufträge als Unterhaltungsprodukte fungierten. Zudem wird die Verbindung zwischen Karl Ritters PATRIOTEN und Jean Renoirs LA GRANDE ILLUSION sowie die Kunstgriffe der Kriegswochenschau, die das zeitgenössische Publikum fesselten, thematisiert.
Selbstbestimmt
Perspektiven von Filmemacherinnen
Das Filmschaffen von Regisseurinnen in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR während der 1960er- bis 1990er-Jahre steht im Fokus des reich illustrierten Bandes. Gemeinsam ist den Filmemacherinnen wie auch ihren ProtagonistInnen das Interesse an der Erkundung eigener Lebensräume und die Suche nach eigenen Ausdrucksformen. Mehrheitlich sind die Filme dem Autorinnenfilm zuzurechnen, häufig zeichnen die Regisseurinnen darüber hinaus für weitere Gewerke verantwortlich. Fünf Essays beschäftigen sich mit unterschiedlichen Aspekten von Filmen aus jenem Zeitraum: mit der in vielen Werken thematisierten gesellschaftspolitischen Situation von Frauen, mit der Darstellung von Arbeit und Alltag, mit der noch wenig beachteten Figur der Flaneurin sowie der Suche nach eigenen filmästhetischen und dramaturgischen Mitteln in Filmen von Frauen. Zudem widmen sich fünf bekannte Regisseurinnen in Kurzessays jeweils einem ausgewählten Film. Mit Beiträgen von Maren Ade, Gabriele Dietze, Sherry Hormann, Heike Klippel, Christine Lang, Natalie Lettenewitsch, Lisa Miller, Eva Trobisch, Tatjana Turanskyj und Anke Zechner.
Die Lust am Genre
- 224 Seiten
- 8 Lesestunden
Gangster, kriminelle Banden, Polizisten und Detektive waren lange Zeit im deutschen Kino selten anzutreffen. Während Thriller und Kriminalfilme in den 1960er Jahren zum Standardrepertoire gehörten, trat mit dem Aufkommen des Fernsehens als Alltagsmedium die serielle Massenproduktion in den Hintergrund. Das Fernsehen wurde zum Rückzugsort des Genres, während im Kino Autoren gefeiert wurden, entsprechend dem Verständnis von Genre- und Autorenfilm. Heute hat der Begriff „Genre“ eine neue Dimension angenommen; er beschreibt auch einen Trend, konventionelle Muster und Motive des Genre-Kinos kreativ zu nutzen. Diese Entwicklung zeigt sich in Deutschland, wo Autorenfilmer klassische Thriller-Motive in ungewöhnlichen Produktionen umsetzen. Genre-Regeln definieren nicht mehr nur konventionelle Narrationen oder stereotype Figuren, sondern dienen als Ausgangspunkt für kreative Auseinandersetzungen mit filmischen Mustern und Mythen. In diesem Kontext untersuchen Film- und Medienwissenschaftler die Geschichte des Thrillers in Deutschland, analysieren die Wechselbeziehung zwischen Autorenschaft und Genreverpflichtung und verorten aktuelle Tendenzen im Genrefilm historisch. Fallbeispiele vertiefen den Blick auf deutsche Gegenwartsproduktionen und deren innovative Ansätze.
Die Kamera als Waffe
- 328 Seiten
- 12 Lesestunden
In den letzten Jahren wurde der Quellenwert und die Wirkung von Bildern des Nationalsozialismus intensiv diskutiert. Dabei wurde deutlich, wie die Selbstdarstellung der Nationalsozialisten unsere visuelle Erinnerung an das „Dritte Reich“ und den Zweiten Weltkrieg bis heute prägt. Während des Krieges arbeiteten militärisch geschulte Berichterstatter in „Propagandakompanien“, deren Fotos und Filme in Wochenschauen und Kompilationsfilmen weit verbreitet waren. Diese Bilder galten als eine der effektivsten „geistigen Waffen im Krieg“, wie Reichsfilmintendant Fritz Hippler es formulierte. Ein Symposium der Deutschen Kinemathek brachte Wissenschaftler zusammen, um eine Plattform für die Forschung zu diesem Thema zu schaffen. Filmhistoriker, Medien- und Geschichtswissenschaftler analysierten die Entstehungsbedingungen, Wirkungsstrategien und Motive hinter dieser Bildproduktion sowie deren Verbreitung und Rezeption vor und nach 1945. Die Vorträge verdeutlichten, wie der scheinbare Realismus dieser Bilder gezielt ideologisch ausgerichtet und ästhetisch gestaltet wurde. Der vorliegende Band vereint die Beiträge namhafter Autoren, die sich mit diesen Aspekten auseinandersetzen.
Der Erste Weltkrieg im Film
- 279 Seiten
- 10 Lesestunden
In den vergangenen Jahren ist die epochale kultur- und mentalitätsgeschichtliche Bedeutung des Ersten Weltkriegs zunehmend in das öffentliche Bewusstsein gerückt. Wenig beachtet wurde bisher die Rolle, die der „Große Krieg“ – wie er noch heute in den Staaten der ehemaligen Entente genannt wird – bis in unsere Tage in Film und Fernsehen spielt. Im Herbst 2008 beschäftigte sich ein Symposium der Deutschen Kinemathek und des Arbeitskreises selbständiger Kultur-Institute e. V. mit den Veränderungen, die der filmische Umgang mit der erschreckenden Erfahrung dieses ersten mit moderner Technik ausgetragenen internationalen Konflikts vom ersten Kriegsjahr an bis in die aktuelle Gegenwart erfahren hat. Filmhistoriker und Geschichtswissenschaftler untersuchten die unterschiedlichen Darstellungsweisen, mit denen die Erinnerung an die „Urkatastrophe“ des 20. Jahrhunderts vor allem in Deutschland, Frankreich, England und in den USA gestaltet wurde und bis heute gestaltet wird. Der vorliegende Band versammelt die zum Teil erweiterten Vorträge von Susanne Brandt, Leen Engelen, Jeanpaul Goergen, Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich, Jerome Kuehl, Wolfgang Mühl-Benninghaus, Corinna Müller, Sönke Peitzel, Karl Prümm, Clément Puget, Rainer Rother, Thomas Schneider, Philipp Stiasny und Horst Tonn.
