Heinz-Peter Preußer Reihenfolge der Bücher






- 2024
- 2023
Bestimmte Unbestimmtheit
Offene Struktur und funktionale Lenkung in audiovisuellen Medien
Mit dem begrifflichen Paradox der bestimmten Unbestimmtheit wird der Zwiespalt umrissen zwischen der offenen Struktur von filmischen (und anderen audiovisuellen) Artefakten einerseits und der funktionalen Lenkung in ihnen andererseits. Es geht darum, auf sehr unterschiedlichen Ebenen Markierungen zu identifizieren, die bestimmte kognitive und emotionale Reaktionen bewirken – und doch einen Grad an Unbestimmtheit zurücklassen, der die aktive und kreative Mitwirkung der Rezipienten erfordert. Solche Unbestimmtheitsstellen verlangen nach Konkretionen als mitschöpferischer Leistung, können aber auch im Unbestimmten verbleiben. Die Rezeptionsästhetik nennt diese Momente dann die Leerstellen in einem Text, wenn sie die Einbildungskraft konkret herausfordern, die Leser oder Betrachter in den Sinnkonstruktionsprozess kombinatorisch einbinden. Modernität entsteht freilich erst, wenn hinlänglich Unbestimmtheit zu konstatieren ist, diese aber so deutlich und bestimmt markiert wird, dass eine Dekodierung zumindest möglich scheint. Ein infiniter Prozess des unendlichen Reflexionskontinuums auf Rezipientenseite wird so generiert, was wiederum als Werturteil fungieren kann. Je forcierter die letzte Antwort verweigert wird, desto offenkundiger der Konflikt der Interpretationen, umso größer die kognitive und emotionale Anforderung an die Imagination.
- 2020
Die Verbindung von Mythos und Geschlecht in der Antike spiegelt jahrtausendealte Erfahrungen wider und legitimiert soziale Strukturen und Gewaltverhältnisse. Geschlechterzuweisungen sind machtabhängig und reflektieren konstante menschliche Erfahrungen, die Sexualität und Erotik einbeziehen. Während die Antike misogyn war, gab es auch souveräne Frauen und erste Anklagen gegen Ungleichheit, wie in der attischen Tragödie. Die Analyse zeigt, dass das Verhältnis zwischen Geschlechtern nicht linear fortschreitet, sondern ein komplexes, turbulentes Feld bleibt, das bis in die Gegenwart wirkt.
- 2019
Genre-Störungen
- 242 Seiten
- 9 Lesestunden
Störungen der Genreerwartung entstehen, wenn etablierte Muster durch narrative, dramaturgische, allgemein ästhetische oder andere Strategien unterlaufen werden. Sie realisieren sich in einer inhaltlich unmittelbaren Darstellung des Gesagten, dem Was des Filmtextes (histoire), aber auch im formalen Modus, im Wie des Gegebenen (discours). Stören und Verstören können Filme in allen erdenklichen Richtungen: durch gezeigte Handlungen, konkrete, etwa drastische Bilder, Figurenzeichnungen, aber auch durch die formale Organisation, etwa die Abfolgelogik, den Spannungsaufbau und vieles mehr. Die Genre-Störung soll hier primär als Irritation, als (formal zu nobilitierende) Differenz und Diskrepanz aufgefasst werden. Der Zustand des Verunsichertseins wird produktiv gewendet; das Erregtsein, die Verärgerung oder Reizung fließen ein in die Befriedigung ästhetischer Erfahrung, transformieren sich zum Kunstgenuss, werden als Innovation verbucht und deshalb positiv umgewertet.
- 2018
Darstellungen von Gewalt haben nie eindeutige Wirkungen. Alle gesellschaftlichen Debatten insbesondere nach Amokläufen sind aber immer wieder von Automatismen geprägt – und folgen überwiegend der Suggestionsthese, der gemäß die in Bild-Medien gezeigte Gewalt schlicht nachgeahmt, wiederholt werde. Trotzdem wird man sich der These einer generellen Wirkungslosigkeit affektiv dargestellter Gewalt auch kaum anschließen können. Das trifft, wenn überhaupt, nur auf sozial integrierte Menschen zu, die das Gesehene emotional verarbeiten, starke Gefühlsaufwallungen intelligibel auffangen können – und damit eine Reinigung von den erlebten Affekten bewirken im Sinne einer Katharsis-Theorie. In dem interdisziplinär ausgerichteten Band zu Bewegtbild (Film, Computerspiel) und statischem Bild (Foto, Malerei, Druckgrafik) geht es darum, die Kontexte und dispositiven Rahmen zu klären, in denen Gewalt im Bild dargeboten wird. Was ist textuell angelegt und zu dechiffrieren für den Betrachter? Welche Selbstreferenzialisierungs- und Emotionalisierungsstrategien werden wirksam? Was ändert die Häufigkeit des Medienkonsums, was propagandistische Absicht? Wird differenziert nach Arten der dargestellten Gewalt: ob sie etwa vorsätzlich verübt wurde – und die Rezipienten dann mit Trauer, Wut, Ekel, Verachtung oder Angst reagieren konnten?
- 2017
Späte Stummfilme
- 399 Seiten
- 14 Lesestunden
In nur zwanzig Jahren, von der Einführung des Films 1895 bis zu Griffiths „The Birth of a Nation“ 1915, hat der Film seine Sprache gefunden. Der Fokus liegt auf den letzten Jahren des Stummfilms, insbesondere auf den wegweisenden ästhetischen Innovationen, die den artifiziellen Charakter des Films bis heute prägen. 1924 revolutionierte Murnaus „Der letzte Mann“ die Kameraführung, gefolgt von dem ersten Tonfilm „The Jazz Singer“ 1927 und dem letzten reinen Stummfilm „Menschen am Sonntag“ 1930. Diese sieben Jahre sind entscheidend, da die Formkategorien des Films in rasanter Geschwindigkeit auf ein neues Niveau gehoben werden. Der bevorstehende Übergang zum Tonfilm scheint Druck auf die späten Stummfilme auszuüben. Fragen zur Logik der Formentwicklung, den Zufällen von Innovationen und den spezifischen Anforderungen einzelner Filme stehen im Raum. Besondere Bereiche wie Kamera, Schnitt, Schauspielerführung, dramaturgisches Konzept, Lichtgestaltung und Musikkomposition werden untersucht. Der Avantgardefilm nimmt eine Sonderrolle ein. Die Beiträge analysieren jeweils einen Film aus dieser Zeit, setzen ihn in den historischen, kulturellen und formalästhetischen Kontext und ziehen erläuternd andere Werke des Regisseurs heran. So entsteht ein umfassendes Bild der ästhetischen Innovation im späten Stummfilm.
- 2015
Sinnlichkeit und Sinn im Kino
Zur Interdependenz von Körperlichkeit und Textualität in der Filmrezeption
- 298 Seiten
- 11 Lesestunden
In der wissenschaftlichen Betrachtung des Films zeigt sich eine auffällige Trennung von Körperlichkeit und Textualität in der Rezeptionsforschung. Diese wird besonders evident in der wachsenden Emotionsforschung im audiovisuellen Bereich. Während die leibliche Dimension des Kinos, etwa in der Filmphänomenologie, zunehmend Beachtung findet, geschieht dies oft nur als Ergänzung zu dominierenden Forschungsfeldern der Vergangenheit. Es bestehen weiterhin zwei unversöhnliche Schulen: die kognitive und die sensualistische. Beide Ansätze greifen jedoch zu kurz, um die komplexe Wechselwirkung von Körperlichkeit und Textualität in der Filmrezeption adäquat zu erfassen. Der Band verfolgt daher die Idee, diese Positionen zu verbinden. In der Semiotik des Dramas wird die Performativität betont, wobei die Bedeutung durch die Aufführung selbst entsteht. Um diese Aspekte – Ereignischarakter, Sensualität und Emotionalität – zu berücksichtigen, sollte der Textbegriff erweitert werden, um auch die körperlichen Phänomene analysieren zu können. Körperlichkeit und Emotionalität sind im Filmtext verankert und beeinflussen unsere Wahrnehmung, indem sie Sympathie, Antipathie, Empathie und andere emotionale Regungen steuern.
- 2015
Das Adjektiv 'pathisch' wird in älteren Nachschlagewerken mit Ludwig Klages in Verbindung gebracht und beschreibt ein rezeptives Selbst, das passiv an einem Artefakt oder Bild der Lebenswelt teilhat. Das 'wirkliche Erlebnis' gehört zu transitiven Lebensvorgängen, bei denen das Selbst von der Subjektstelle zur Objektstelle wechselt: Die Gemütsbewegung widerfährt, und das Ich ist dem lebendigen Geschehen ausgeliefert. Das vorliegende Buch untersucht den Wandel und die Konstanz in Theorien der Wahrnehmung, der Kritik des Logozentrismus und des Subjekts, insbesondere bei Poststrukturalisten wie Jacques Derrida, Michel Foucault, Roland Barthes und Paul Virilio. Die 'Pathische Ästhetik' wird als Beginn einer 'Urgeschichte der Postmoderne' betrachtet und basiert auf der Geistkritik der späten Lebensphilosophie. Der Begriff umfasst ein Jahrhundert und historisiert den Theorierahmen des Poststrukturalismus sowie die Epoche der Postmoderne. Pathiker sind demnach Getriebene, die gegen die aktiven Gestalter der Antike stehen. Sie überlassen sich dem Spiel ihrer Einfälle und widersprechen den handelnden Akteuren, deren Dasein im Wollen verankert ist. Der Pathiker verkörpert das Vitalwesen, während der Tatmensch aktiv die Realität fragmentiert und erfasst. Diese Perspektive schafft einen radikalen Dualismus, der Vermittlung und Versöhnung ausschließt und macht die 'Pathische Ästhetik' zu einem bedeutenden Gegenentwurf zum modernen Subjektve
- 2014
Anschauen und Vorstellen
- 452 Seiten
- 16 Lesestunden
Im Anschauen erschöpft sich die Tätigkeit des Zuschauers keineswegs. Imaginative Ergänzungen sind notwendig, um einen Film verstehen zu können. Auch die Vorstellung wird gelenkt durch zum Teil explizite Markierungen im Filmtext. Diese steuern ganz erheblich die emotionale Einbindung des Rezipienten. Beiträge von Ulf Abraham, Wolfram Bergande, Jörg Bernardy, Constanze Breuer, Stephen Brockmann, Jihae Chung, Kathrin Fahlenbrach, Matteo Galli, Julian Hanich, Sabine Haenni, Britta Hartmann, Heinz-B. Heller, Thorsten Kluss, Klaus Kreimeier, Michael Niehaus, Johannes Pause, Heinz-Peter Preußer, Martin Rehfeldt, Nina Schimmel, Julia Schoderer, Kerstin Stutterheim, Anja Magali Trautmann, Janina Wildfeuer und Hans J. Wulff
- 2013
Der Titel verspricht zum einen die Überschreitung oder Entgrenzung medialer Fixierungen. Zum anderen aber macht er auf den textuellen Zusammenhang aufmerksam, der alle Medien-Produktionen verbindet. Genau dies ist der Anspruch des vorliegenden Bandes. Er setzt sich einerseits über die etablierten Grenzen der Medien und Künste, der Gattungen und Genres hinweg; er erweitert aber andererseits auch den gewohnten Rahmen der Einzelbetrachtung, indem er kulturwissenschaftliche Diskurse und Diskussionen über die Fächer hinweg zulässt und forciert. Der Film wird als Textur im Sinne eines Diskurses gefasst. Er hat seine eigene, multimodale Sprache und realisiert sich über mehrere, auditive und visuelle signifikative Kanäle. Film wird aber zugleich als die zentrale Instanz verstanden, über die sich die transmedialen Bezüge herstellen lassen.
