Die Cossmanns
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Die Geschichte der heutigen IHK Halle-Dessau begann vor 175 Jahren mit der 1844 gegründeten »Handelskammer der Stadt Halle und der Saalörter« im preußischen Regierungsbezirk Merseburg. Der zweite Traditionsstrang, die »Handelskammer für das Herzogtum Anhalt« mit Sitz in Dessau, erwuchs 1889 mit deren Gründung. Bernd G. Ulbrich entwickelt die Geschichte der heutigen Industrie- und Handelskammer anhand der sie prägenden Persönlichkeiten – wie dem Kaufmann Ludwig Wucherer, dem Rübenzuckerindustriellen Carl August Jacob, den Bankiers Reinhold und Emil Steckner in Halle oder dem Zuckerraffinerie-Direktor Dr. Hermann Reichardt und dem Bankier Gustav Richter in Dessau – und stellt sie in den Zusammenhang mit dem historischen Geschehen. Er geht auf die Zäsuren Erster und Zweiter Weltkrieg, Nationalsozialismus und DDR-Sozialismus ebenso ein wie auf den Neubeginn nach 1989/90. Dabei wird deutlich, dass sich die IHK Halle-Dessau immer wieder mit eigenen Ideen und Vorschlägen in den wirtschaftspolitischen Diskurs einbrachte. Es entsteht das lebendige Bild einer Institution, die in einem gesellschaftlich immens wichtigen Sektor, der Wirtschaft, bis heute einflussreich wirksam ist.
Von der 1889/90 gegründeten Handelskammer für das Herzogtum Anhalt bis zur heutigen Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau – seit 125 Jahren werden auf anhaltischem Gebiet die klassischen Aufgaben einer Industrie- und Handelskammer wahrgenommen: Selbstverwaltung und Interessenvertretung der regionalen Wirtschaftskräfte, Beratung und Unterstützung staatlicher Stellen. Bernd G. Ulbrich blickt auf diese lange Kammergeschichte zurück, umreißt die Grundlinien ihrer Entwicklung und analysiert die Besonderheiten der Kammertätigkeit in den einzelnen Umbrüchen und Geschichtsepochen: in der Zentralwirtschaft des Ersten Weltkrieges, im Auf und Ab der Weimarer Republik, in der Kriegswirtschaft des Nationalsozialismus, in der Sowjetischen Besatzungszone nach Kriegsende, in der staatlichen Planwirtschaft der DDR, in der Marktwirtschaft unserer Gegenwart. Die zeitweilige Deformierung und Unterdrückung der Kammertradition durch Politik und Ideologie wird ebenso deutlich wie das hoffnungsvolle Wiederaufleben der Selbstverwaltungsidee in jüngster Vergangenheit. Insgesamt entsteht das vielschichtige Bild einer traditionsreichen Organisation, das zugleich einen besonderen Blick auf die mitteldeutsche Region Anhalt ermöglicht.
Dessau im 20. Jahrhundert – damit verbinden sich Namen wie Kurt Weill, Hugo Junkers, das Bauhaus unter Walter Gropius, Hannes Meyer und Ludwig Mies van der Rohe oder das Adelsgeschlecht Anhalt. Auch die Zerstörung der Stadt zum Ende des Zweiten Weltkrieges, der sich über Jahrzehnte erstreckende engagierte Wiederaufbau und nicht zuletzt die friedliche Revolution von 1989/90 sind besonders im Gedächtnis geblieben. Bernd G. Ulbrich behandelt in dem reich bebilderten Band kenntnisreich Dessaus Entwicklung in einem schwierigen Jahrhundert voller Wandlungen und Widersprüche – eingebunden in Themenfelder wie Politik, Wirtschaft, Architektur, Gesundheits- und Bildungswesen, Kultur und Freizeit. Der Band ist Teil einer auf drei Bände konzipierten Stadtgeschichte Dessau-Roßlaus.
Die im Band „Antisemitismus in Dessau. Eine Spurensuche in den Jahren 1924 bis 1939“ (Dessau 2004) dargestellten Untersuchungen fortführend, werden weitere Forschungsresultate zum regionalen Zusammenhang von Nationalsozialismus und Antisemitismus präsentiert. Neben der Gauhauptstadt Dessau sind nunmehr Bernburg, Coswig, Köthen, Sandersleben, Wörlitz, Zerbst und weitere Orte der Region im Zentrum der Betrachtung. Insgesamt 25 exemplarische Skizzen beleuchten Schicksale und Leiden von jüdischen Mitbürgern, Reaktionen der Umgebung, Taten und Umfelder von regional und lokal Verantwortlichen, Hintergründe und Mechanismen des Rassenantisemitismus, die alltägliche Umsetzung einer barbarischen Politik und Ideologie.