Gottfried Wilhelm Leibniz gilt als der letzte Universalgelehrte. Seine Leistungen beschränken sich nicht auf den Bereich der Entwicklung der Mathematik nach Descartes, etwa der Differential- und Integralrechnung im Wettbewerb mit Isaak Newton, und dann auch der physikalischen Naturwissenschaften, sondern umfassen auch Technik, Sprachwissenschaft und Funktionstheorie, Geographie und Geologie, Bibliothekswissenschaft, Theologie und (Kirchen-)Politik. Besonders hervorzuheben sind die Wirkungen in der Ideengeschichte und Literatur des 18. Jahrhunderts, nicht zuletzt vermittelt durch den Leipziger Professor Johann Christoph Gottsched. Die hier unter dem Titel Theatrum naturae et artium versammelten Texte – einer von der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig in Kooperation mit Stadt und Universität Leipzig, dem MPI Mathematik in den Naturwissenschaften und der Deutschen Gesellschaft für die Erforschung des 18. Jahrhunderts (DGEJ) veranstalteten Tagung zu Leibniz' Gedächtnis in seinem 200. Todesjahr, das mit dem 150. Todesjahr Gottscheds zusammenfiel, – zeigen immer noch überraschende Zusammenhänge zwischen den diversen Themen. Sie dokumentieren das Moderne in Leibniz' Verständnis von Wissenschaft als Debatte um richtige Theorien in Briefen und Aufsätzen und um deren Bedeutung für eine je zugehörige Praxis.
Daniel Fulda Bücher






"Kann man denn auch nicht lachend sehr ernsthaft sein?"
Sprachen und Spiele des Lachens in der Literatur
- 263 Seiten
- 10 Lesestunden
So unwillkürlich es im konkreten Fall erscheinen mag: Lachen in der Literatur und als Effekt, nicht zuletzt auf dem Theater, ist ein Gegenstand komplexer Inszenierungen und überdies Fluchtpunkt poetologischer, anthropologischer und sogar sozialprogrammatischer Ansprüche. Es ist mit einer ganzen Reihe von Gattungen und literarischen Formen verknüpft, von Fastnachtspiel, Posse und Komödie über Parodien und Satiren bis hin zum Sprachspiel oder essayistischen Witz. Weitgefächert sind auch die möglichen Ursachen des Lachens: Wer lacht, kann dies spottend, aus Übermut, angesichts komischer Unfälle oder aus Verzweiflung tun. Dass sich hinter dem Lachen einiges Ernsthafte verbergen kann, wusste bereits Lessings Minna von Barnhelm. Die Literaturwissenschaft hat sich mit dem Lachen trotzdem häufig schwergetan, weil es mit ihrer Seriosität unvereinbar schien. Lachende Selbstdistanz kann jedoch gerade auch wissenschaftlich eine produktive Haltung sein: Ihre Liebe zur Literatur bringt sie nicht durch Thesengravität oder Pathos zum Ausdruck, sondern mit Kontingenzbewusstsein und Reflexion zumal auf die spielerischen Seiten der Literatur wie des Lebens.
Romanhaftes Erzählen von Geschichte
- 509 Seiten
- 18 Lesestunden
In unserer Gegenwart erleben Erzähltexte mit historischen Themen wieder eine Hochkonjunktur. Das ist im ästhetisch anspruchsvollen wie im populären Feld zu beobachten, ebenso im Bereich non-fiktionaler Sachtexte und der Familien- bzw. Auto-Biographie. Welche Formen, Interessen und Funktionen sind damit verbunden? Dies prüft, konzentriert auf deutschsprachige Texte, der von einem internationalen Beiträgerkreis verfasste Band. Besonderes Augenmerk liegt auf dem, was die gegenwärtige Situation seit ca. 2000 auszeichnet. Dies sind erstens die Hybridisierung etablierter Formen des Geschichtserzählens, etwa des klassischen oder avantgardistischen historischen Romans, und die Infragestellung der Fakt-Fiktions-Grenze und zweitens neuartige kulturelle Kontexte: veränderte gesellschaftliche Orientierungsbedürfnisse, die (angebliche) Krise des modernen Geschichtsverständnisses sowie das in unserer medialisierten Gegenwart gewachsene Bedürfnis nach ‚Erfahrung‘. Besondere Aufmerksamkeit gilt dem inner- und außerhalb der Literatur auffällig beliebten Zeitreise-Motiv. Der Band liefert die erste umfassende Untersuchung romanhaften Geschichtserzählens in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.
Faktenglaube und fiktionales Wissen
- 318 Seiten
- 12 Lesestunden
Faktenglaube und fiktionales Wissen - dieses Paradox verweist auf einen Dauerkonflikt zwischen faktenorientierter Wissenschaft und fiktionsfundierter Kunst: Sie kämpfen um den kulturellen Führungsanspruch in der Moderne und sind doch immer wieder gezwungen, theoretische und methodische Anleihen beim jeweils anderen zu machen. Unter «postmodernen» Vorzeichen hat dieser Streit jüngst noch an Brisanz gewonnen. Seine Anfänge reichen bis ins 18. Jahrhundert zurück, als sich Wissenschaft und Kunst zu autonomen Diskursformen ausdifferenzierten und in ein für die Kultur der Moderne konstitutives Wechselverhältnis von Divergenz und Konvergenz traten. Dieser Band analysiert mit einer konzeptionellen Einleitung und elf historischen Fallstudien über einen Zeitraum von 250 Jahren einige der wichtigsten Konvergenzphänomene und will damit den geschichtlichen Horizont einer aktuellen Debatte erschließen.
Galanterie und Frühaufklärung
- 79 Seiten
- 3 Lesestunden
Mit dem Beginn der Aufklärung ändern sich auch die Verhaltensmuster. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Galanterie – das Streben nach dem Gefallen der anderen. In den Pariser Salons wird das ursprünglich höfische Konzept anders fortentwickelt als von deutschen Gelehrten. Welcher Epoche die Galanterie angehört und an welche Trägerschicht sie mit welchen Intentionen adressiert ist, diskutieren die Beiträge dieses Heftes unter der gemeinsamen Hypothese, dass in der Galanterie die epochalen Verschiebungen und Übergänge der Zeit um 1700 zum Ausdruck kommen. Das Interdisziplinäre Zentrum für die Erforschung der europäischen Aufklärung (IZEA) gehört zur Martin- Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Die Tragödie der Moderne
- 376 Seiten
- 14 Lesestunden
Die moderne Tragödie formiert sich um 1800 in beständiger Auseinandersetzung mit einem philosophischen Tragödiendiskurs, der überkommene, noch vornehmlich an der aristotelischen Dramenästhetik orientierte Gattungskriterien in den Hintergrund treten lässt und kulturtheoretisch fundierte Definitionsversuche in den Mittelpunkt rückt. Die Spannung zwischen philosophischem Diskurs und konkreter Theaterpraxis führt im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts zu dramenästhetischen Innovationsschüben, welche die Physiognomie der modernen Tragödie nachhaltig verändern.
Epochenbegriffe halten sich, trotz des stetigen Streits um sie, aus Gewohnheit. Was als Periodisierung der Literaturgeschichte eingeübt ist, wird zum Problem, wenn man es inhaltlich präzise zu bestimmen und trennscharf abzugrenzen versucht. Der Band fragt nach der Schnittstelle zwischen Aufklärung und Romantik, ihrer Abgrenzung und Koordinierbarkeit, aber auch nach der Erkenntnisfunktion dieser Begriffe und nach Alternativen. Es ist etwas anderes, ob man Epochenbegriffe als Ordnungsbegriffe der Literaturgeschichte oder als Deutungsbegriffe einzelner Werke verwendet, ob man mit ihnen das Verbindende von Literatur-, Philosophie-, und Sozialgeschichte oder spezifisch Literarisches herausstellen will, ob man an der Rekonstruktion historischer Diskurse oder an einem allgemein Modellhaften interessiert ist. Damit der Streit um die angemessenere Definition und Verwendung produktiv wird, macht der vorliegende Band diese Verschiedenheit sichtbar.
Seit wann und warum gibt es \"deutsche Klassiker\"?
- 56 Seiten
- 2 Lesestunden
Die Kanonisierung "deutscher Klassiker" wird in der Germanistik dem Nationalismus des 19. Jahrhunderts zugeschrieben. Tatsächlich jedoch erfolgte sie nicht erst retrospektiv, sondern bereits im späten 18. Jahrhundert aufgrund einer jahrzehntelangen Erwartung, dass die Deutschen ebenso ihre anerkannten Spitzenwerke und -autoren haben würden wie andere Nationen der Antike und Neuzeit.0Daniel Fuldas Untersuchung unternimmt eine methodische Kritik des in der Forschung dominanten Rezeptionsparadigmas und rekonstruiert die Erwartung "claßischer Schriftsteller" im Zeitalter der Aufklärung. In den Beiträgen Herders, Wielands und Schillers bildete sich dort ein neuer, historisierter Klassikerbegriff mit Distanzierung von einer höfischen oder gelehrten Publikumsorientierung heraus. In Weimar formulierten Autoren wie Goethe oder Verleger wie Bertuch zudem ein Klassikerkonzept, das sich auf die Geschäftsinteressen im expandierenden Buchmarkt und die Konsuminteressen der Leser stützte. Wie Fulda zeigt, hingen ökonomische, herstellungstechnische und ästhetische Wertbildung bei der zugleich diskursiven und buchhändlerischen Klassikerproduktion um 1800 eng zusammen
Das Andere essen
- 548 Seiten
- 20 Lesestunden
Wer Menschen ißt, ist kein Mensch. Keines der zentralen Verbote der abendländischen Kultur prägt die Wahrnehmung des Anderen derart wie das Anthropophagieverbot. Literarisch faszinierend ist aber nicht nur der Schrecken der Menschenfresserei, sondern auch ihr enormes Potential, ein ganz Anderes, das oft das verdeckte Eigene ist, zu versinnbildlichen. Der Mund als Organ der Nahrungsaufnahme, der Sprache und der Liebe symbolisiert den Komplex von Sprache und Kommunikation, Identität und Körperlichkeit, Sexualität und Gewalt: Die Anthropophagie als äußerste Gefährdung des Ganzen – nach Goethe hat »die wirkliche Zergliederung immer etwas Kannibalisches « für »wohldenkende Menschen« – bedroht durch Zerstückelung und Einverleibung das Subjekt wie dessen Begriff; als Assimilation des anderen konkurriert Anthropophagie mit dem Verstehen und hat im Prozess der Metaphorisierung eine Parallele; schließlich überschneidet sich der Kannibalismus mit der liebenden Vereinigung. Motive und Metaphern des Anthropophagiediskurses markieren kulturelle Grenzen wie deren Überschreitung und rücken so ins Zentrum des kulturwissenschaftlichen Interesses. Die Beiträge dieses Bandes analysieren die Kritik des europäischen Menschenbilds in vielen Texten ebenso wie die oft subtilen ästhetischen Strategien in der Darstellung des tabuisierten Faszinosums.
Als ‚Kulturmuster‘ lassen sich solche Kopplungen von Konzepten und Praktiken bezeichnen, die die relative Beständigkeit kultureller Routinen gewonnen haben. Kulturmuster strukturieren die Wahrnehmung und Interpretation von Welt und steuern zugleich Kommunikation und Handeln. In Europa bildet, so die Hypothese, die Aufklärung die große und bis heute wirkungsmächtigste Epoche der Kulturmusterprägung. Der Band stellt die Kulturmuster-Heuristik vor, begründet sie im Kontext geistes- und sozialwissenschaftlicher Methodendiskussionen und erprobt sie in exemplarischen Skizzen. Das Interdisziplinäre Zentrum für die Erforschung der Europäischen Aufklärung (IZEA) gehört zur Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; es befindet sich somit am Zentralort der deutschen Frühaufklärung. Fächerübergreifend und in internationaler Perspektive befasst es sich mit der Aufarbeitung einer Epoche, in der die Fundamente der modernen westlichen Gesellschaften gelegt wurden.