Die gesellschaftliche Reintegration der Neuen Musik und der egalitäre Gedanke der Revolution von 1918/19 stehen im Mittelpunkt von Groschs Werk über die Neue Sachlichkeit. Er bietet eine umfassende Analyse des Musiklebens zwischen 1926 und 1933 und beleuchtet die Bestrebungen der Komponisten und Musikschriftsteller, diese Ideale in ihre Werke zu integrieren. Durch diese Darstellung wird ein tiefer Einblick in die musikalische Entwicklung und die kulturellen Strömungen dieser prägnanten Epoche gewährt.
Studien zu einer interdisziplinären Kunst für die Weimarer Republik
199 Seiten
7 Lesestunden
Die 1918 unter dem Zeichen der demokratischen Revolution in Berlin gegründete Novembergruppe ist eine faszinierende Zusammenkunft von VertreterInnen verschiedenster Kunstgattungen. Ihr gemeinsames Ziel lässt sich heute vielleicht am besten als eine soziale Umcodierung der künstlerischen Moderne mit all ihren verschiedenen Ausrichtungen auf die Verhältnisse der Nachkriegszeit und der Weimarer Republik verstehen. Zugleich sollten die Optionen, die die Weimarer Republik mit sich brachte, im Sinne einer veränderten Kunstauffassung genutzt, ausgelotet und nicht zuletzt herausgefordert werden. Als KünstlerIn an der Neuordnung der Welt mitzuarbeiten und sich in Entscheidungen auch der (Kultur-)Politik einzubringen, solche Ansprüche gingen mit dem Wunsch einher, Kunst im Rahmen der politischen und kulturellen Realität aufzuwerten. Der vorliegende Band versammelt kunst-, musik-, architektur- und filmwissenschaftliche Beiträge, die neue Blicke auf die Novembergruppe werfen.
Der Eintritt ins Exil erfordert neue Denkweisen und die Kreativität des Emigranten, während er auch die Aufnahmegesellschaft stimuliert. Musik wird in Identitätsstiftungsprozessen oft als Anker und Marker von Stabilität inszeniert und ist ein ideales Mittel zur Darstellung dynamischer, migrantischer kultureller Identitäten. Die Erforschung musikalischer Interaktionsprozesse in Migrationssituationen ist daher eine kulturell und politisch bedeutende Aufgabe. In Salzburg wurde 2014 die Music and Migration Collection ins Leben gerufen, die auf Schenkungen basiert und seither wächst, um neue Forschungsansätze zu fördern. Der vorliegende Band präsentiert eine Auswahl aus dieser Sammlung. Nils Grosch, Universitätsprofessor für Musikwissenschaft an der Universität Salzburg, leitet die Abteilung Musik- und Tanzwissenschaft sowie die Gluck-Forschungsstelle. Er studierte Musikwissenschaft, Geschichte und Germanistik in Bochum und Freiburg, promovierte in Freiburg über die Musik der Neuen Sachlichkeit und habilitierte in Basel mit einer Arbeit über Lied, Medienwechsel und populäre Kultur im 16. Jahrhundert. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen populäres Musiktheater, Musik und Migration sowie Musik und Medien.
Das Lied, eine der zentralen Gattungen in Musik und Literatur der frühen Neuzeit, wird in dieser Studie als das Produkt einer sich neu formierenden Informationsindustrie interpretiert. Vormals in Manuskriptform oder schriftlos kommuniziertes Genre wurde es seit dem späten 15. Jahrhundert in Form von Liedflugschriften, bald auch in Form gedruckter Musikbücher hergestellt und so zu einer marktregulierten, für den kommerziellen „Massenvertrieb“ hergestellten Ware. In Abgrenzung zu den Begrifflichkeiten „Volkslied“ und „Tenorlied“ und den darin aufgehobenen, überwiegend national und romantisch geprägten Forschungsparadigmen wird das Liedrepertoire des 16. Jahrhunderts hier als Ergebnis eines fundamentalen Medienwechsels aufgefasst.
Nach 1945 kehrten viele Komponisten, Autoren, Darsteller und Musiker, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft oder oppositioneller Haltungen ins Exil geflohen waren, in den deutschen Sprachraum zurück. Sie wollten an frühere Erfolge anknüpfen, fanden jedoch eine veränderte Situation vor: Sie gerieten zwischen die Stühle. Erinnerungen an sie und ihre Werke waren oft verloren, das frühere Aufführungsmaterial war verstümmelt oder nicht mehr vorhanden, und die Bühnen waren von jenen besetzt, die aus Opportunismus oder Überzeugung im Land geblieben waren und besser vernetzt waren. Zudem sahen sie sich einem anhaltenden, wenn auch abgeschwächten Antisemitismus gegenüber. Die zurückkehrenden Emigranten hatten jedoch am Broadway die Entwicklung des Musicals miterlebt, einer neuen Form des populären Musiktheaters. Während an vielen Bühnen die in der NS-Zeit verbotenen Werke jüdischer Autoren wieder aufgeführt wurden und die NS-Operette weiterhin präsent war, setzten die Remigranten wichtige Impulse für die Erneuerung des Genres. Konservativer Vergangenheitsbezug und ästhetische Innovation bildeten eine zeittypische Einheit. Der vorliegende Band versammelt auf Basis eines Symposiums an der Universität der Künste Berlin 2010 musik- und theaterwissenschaftliche Aufsätze zu den Themen kulturgeschichtliche Rahmenbedingungen, Remigranten und Gebliebene.
Die wechselhafte Aufführungs- und Rezeptionsgeschichte von Werken des amerikanischen Musiktheaters nahm ihre Anfänge bereits in der Weimarer Republik, doch erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erhielten Musicals in größerem Umfang Einzug in deutschsprachige Theater. In der Regel blieben diese Transferversuche jedoch kurzlebig und nur wenige Werke konnten sich in den Spielplänen der Theater etablieren. In der breiteren öffentlichen Wahrnehmung erfolgte ein Umschwung, als sich im Laufe der 1980er Jahre die Spielart des „Megamusicals“ durchsetzen konnte, das häufig in eigens dafür gebauten Spielstätten inszeniert wurde und auch im deutschsprachigen Raum als Serienaufführung konzipiert war. Die Beiträge des vorliegenden Bandes befassen sich erstmals in umfassender Weise, teils in historischen Überblicksdarstellungen, teils in Analysen von Wahrnehmungs-, Adaptions- und Wertungsprozessen paradigmatischer Autoren und Werke, mit der Rezeption des amerikanischen Genres im deutschsprachigen Raum.
Diese Festschrift für Prof. Dr. Max Matter (Ordinarius am Institut für Volkskunde der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg) zum 65. Geburtstag versammelt kulturwissenschaftliche Essays zu Themen, die im Mittelpunkt Matters wissenschaftlichen Schaffens standen und stehen: Fremdheit und Migration. Hinzu kommt die Musik – als Bestandteil popular-kulturwissenschaftlicher Forschung, mit der er als Direktor des Deutschen Volksliedarchivs befasst war.