Eine alte Frau, die am Fenster ihrer kleinen Wohnung sitzt, hat das Gedächtnis verloren und erzählt ihrer Tochter immer wieder von der einzigen Periode ihres Lebens, die in ihrem Geist lebendig geblieben ist: Montse wächst als Bauerstochter in einem kleinen katalanischen Dorf auf, in einer Welt, die so langsam wie der Schritt der Maulesel ist. Sie soll Dienstmädchen bei dem reichsten Großgrundbesitzer der Gegend werden. Stattdessen folgt sie im Sommer 1936 ihrem älteren Bruder José, der von anarchistischen Ideen beseelt ist, nach Barcelona. Dort entdeckt sie eine Freiheit, die sie schwindeln macht, und erlebt eine leidenschaftliche Liebe. Obwohl ihr Geliebter im Untergrund verschwindet, bleibt dieser kurze Sommer der Anarchie in ihrer Erinnerung für immer als Verzauberung haften. Schwanger kehrt sie in ihr Heimatdorf zurück und lässt sich von ihrer Mutter ausgerechnet mit dem politischen Widersacher ihres Bruders José verheiraten. Bald erschüttern erste Gewalttätigkeiten die Gemeinde, und Montses Familie ist gezwungen, neue Wege zu beschreiten.
Lydie Salvayre Reihenfolge der Bücher
Lydie Salvayres Schaffen befasst sich mit den Komplexitäten von Identität und Erinnerung und schöpft dabei oft aus Geschichte und persönlichen Erzählungen. Ihr literarischer Stil zeichnet sich durch eindringliche Introspektion und die Fähigkeit aus, individuelle Erfahrungen in breitere gesellschaftliche Anliegen einzuflechten. Als praktizierende Psychiaterin bringt sie eine einzigartige Perspektive auf die menschliche Psyche und ihre Verletzlichkeit in ihre Werke ein. Ihre Romane untersuchen die Spannung zwischen Vergangenheit und Gegenwart und suchen nach Wegen, mit dem Erbe von Traumata umzugehen.






- 2015
- 2006
Ein Provinznest, ein Anhänger von Descartes, dem Verfechter des »Ich denke, also bin ich«, eine hilflose alte Mutter, eine ausweglose Situation und dann die unvermutete, nie in Betracht gezogene, andere Sicht der Dinge des Lebens. Ein brandaktuelles und heikles Thema: Das Alter und seine Folgen. Der Ich-Erzähler lebt zurückgezogen und bescheiden – wie es sich für einen selbsternannten Philosophen gehört – in einem Provinznest, fernab von allem, vor allem von seiner Mutter. Die steht jedoch eines Tages unvermittelt vor seiner Tür. Sie ist sechsundachtzig und eine hilflose Greisin. Er nimmt sie auf, und es beginnt, was man häusliche Pflege nennt, was in Wahrheit aber oft ein Martyrium ist. In einem zeitüberschreitenden Dialog mit seinem Lieblingsphilosophen Réné Descartes versucht der Ich-Erzähler sich zu wappnen. Der Meister lässt ihn jedoch im Stich. Als der verzweifelte Held auf die Anzeige einer Hellseherin, Mila, stößt, gerät alles in Schwingung. Mila führt ihn in eine ganz andere Sichtweise menschlicher Existenz ein, stellt quasi den Erfinder des Cogito ergo sum auf den Kopf -oder auf die Füße? Und plötzlich scheint es Wege aus dem unlösbaren Dilemma zu geben…
- 2001
Er arbeitet als Museumswärter, tut seinen Job phantasielos, aber korrekt. Bis auf eine Obsession: er hält sich für das Musterbeispiel an Eleganz und Distinguiertheit. Und dies läßt er seine Besucher spüren, indem er sie maßregelt. Eines Tages stößt er, der eigentlich völlig ungebildet und unbelesen ist, auf die Schriften von Blaise Pascal, auf die Pensées, und fängt nun seinerseits zu denken an. Diese Lektüre verändert sein Leben, sie gibt seinem Dasein eine philosophische Grundlage. Es ist irrwitzig, aus dem Mund dieses wenig einnehmenden Menschen fundamentale Wahrheiten zu erfahren und seine Gesellschaftskritik zu hören. Doch er, der nicht viel mehr ist als eine lästige Fliege, hat auch eine menschliche Seite, die anrührt: das Kind, das er war. Gedemütigt, geschlagen und tausendmal getötet von einem monströsen Vater, der seiner Familie das Leben zur Hölle gemacht hat. Die Angst, die Wut. Bis er eines Tages ausrastet.