Antoine-Louis Barye
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Die französische Plastik des 19. Jahrhunderts steht im Schatten der Malerei. Neben der spannungsvollen Entwicklung von David bis Cézanne scheint sie – vor Rodin – weitgehend zu stagnieren; nur verstreute Einzelerscheinungen hellen das Bild auf. So gilt Antoine-Louis Barye (1795-1875), der einzige Plastiker im Umkreis der Maler von Barbizon, befreundet mit Daumier, Corot, Delacroix, im allgemeinen als Genrespezialist, als brillianter Schöpfer kleiner Tierbronzen, als Anführer der Animaliers des 19. Jahrhunderts. Dieses Bild möchte die vorliegende Arbeit korrigieren. Schon immer hat die Literatur auf Baryes Monumentalplastik hingewiesen, auf die Tatsache, daß er nicht nur Tiere, sondern auch Menschen dargestellt hat; die Frage soll nun anders gestellt werden: Was bedeuten die Tierplastiken eigentlich? Die Untersuchung einiger Hauptwerke geht den Zusammenhängen mit der Naturwissenschaft, der Zoologie im frühen 19. Jahrhundert nach. Die Naturwissenschaft begründet eine völlig neue künstlerische Thematik, die bald die Genrehierarchie und damit das Verhältnis von öffentlicher und privater Plastik in Frage stellt. Baryes Skulpturen verweigern sich der Ideologie des öffentlichen Monumentes und transportieren neue Inhalte. Es läßt sich auch zeigen, daß Barye letztlich durch die institutionalisierten Künstler, die Akademie, ins Genre abgedrängt wird; ähnlich wie für Daumier (unter anderen Bedingungen) die Karikatur, wird für Barye die kleinformatige Tierbronze für Jahre zum „Reservat“, in dem er seine Arbeit fortsetzen kann.