Zwischen Tradition und Moderne: der Bildhauer Walter Schelenz
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Viele Künstler, die in der akademischen Tradition idealisierender Figürlichkeit geprägt wurden, blieben ihr ungeachtet der Kompromittierung durch die nationalsozialistische Kunstauffassung bis zum Ende des 2. Weltkriegs verhaftet. Nach 1945 sahen sie sich jedoch dem allgemein verbindlichen Anspruch ungegenständlichen Kunstschaffens konfrontiert. Als Beispiel für einen so zur Neuorientierung herausgeforderten Künstler gilt der Bildhauer Walter Schelenz. Auf der Grundlage eines ausführlich dokumentierenden Werkkatalogs zielt die vorliegende Studie in erster Linie auf die Zeit nach 1945. Sie konzentriert sich auf die Problematik eines traditionell geschulten Bildhauers, der sich der Moderne des 20. Jahrhunderts ausgesetzt sieht, und untersucht seinen spezifischen Umgang mit den neuen inhaltlichen und formalen Angeboten. Nach einem biographischen Überblick werden daher stilistische Entwicklung und Formenrepertoire des Künstlers dargestellt, besonders seine für den öffentlichen Raum entstandene Plastik; weiterhin wird seine rezeptive Auseinandersetzung mit den künstlerischen Strömungen vor und nach 1945 sowie die daraus entstandenen Folgen für Selbstverständnis und Anliegen des Bildhauers analysiert. Die nach 1950 verspätet und weitestgehend formorientiert erfolgte Auseinandersetzung mit den Errungenschaften der Avantgarde im Werk des Bildhauers Walter Schelenz kann als repräsentativ für verwandte Künstler seiner Generation gewertet werden. Die immer wieder gefährdete, erst spät erreichte Balance von Form und Inhalt, die nicht nur im Werk von Schelenz, sondern bei vielen dieser Künstler beobachtet werden kann, ist wohl auf die massive Infragestellung bzw. vehemente Ablehnung ihres idealisierenden Menschenbildes nach 1945/50 zurückzuführen. Aus diesem Grund liegt Schelenz‘ Leistung wesentlich in seinem Alterwerk, das sich jeder opportunen Aktualität verweigert und nach Jahren abstrakten Experimentierens in kleinen lebendigen Raumgebilden zu einer grundsätzlich gewandelten, eindringlichen Figürlichkeit zurückfindet.