Nucleus totius medicinae quinque partitus
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Der „Nucleus totius medicinae“ Ernstings nimmt in Struktur und Anliegen eine gewissen Sonderstellung in der Geschichte der abendländischen medizinischen Lexikographie ein. Setzten die älteren medizinischen Lexika - wie z. B. die eines Otto Brunfels, Jean de Gorris, Bartolommeo Castelli oder Steven Blankaart - bei ihren Lesern ganz selbstverständlich die Kenntnis des Lateinischen als der allgemeinen Wissenschaftler- und Gelehrtensprache voraus und streuten gar zahlreiche Begriffe in griechischer Schrift ein, so ist der „Nucleus“ in deutscher Sprache verfaßt. Er zielte damit auf ein Publikum, das des Lateinischen nicht oder nur begrenzt mächtig war. Neben den Bedürfnissen eines weniger gebildeten Leserkreises, wie z. B. dem laienmedizinischen Interesse bürgerlicher Kreise, sollte der „Nucleus“ in erster Linie den Bedürfnissen der Apotheker dienen. „Die berufliche Selbstdarstellung als den Ärzte einigermaßen ebenbürtige Gebildete konnte keinen Bestand haben, wenn die Apotheker den lateinischen Fachausdrücken der Ärzte ebenso ratlos begegneten wie der durchschnittliche Bürger.“ (Michael Stolberg, Einleitung zur Mikrofiche Edition). Das Lexikon Ernstings war somit Teil und unverzichtbares Hilfsmittel, zugleich aber auch Ausdruck einer neuen Entwicklung: der allmählich wachsende Professionalisierungsanspruch des Standes der Apotheker auf dem Weg vom Gewürz- und Kräuterhändler zum akademisch gebildeten Naturwissenschaftler. Der „Nucleus“ gliedert sich in 5 Teile: Teil 1: Lexicon & Dispensatorium pharmaceuticum. Oder: Der Volkommene und allezeit fertige Apotheker. Teil 2: Lexicon practico-chymicum. Oder der richtig führende Chymiste. Teil 3: Lexicon theoreticum-medicum. Oder der Heilungs-Gelahrtheit leitende Artzt. Teil 4: Lexicon chirurgicum. Oder ein chirurgisches Lexicon, worinnen. Teil 5: Lexicon theoreticum anatomicum. Oder Der sich selbsterkennende Mensch. Dem Medizinhistoriker eröffnet der umfangreiche Teil 1 einen hervorragenden Zugang bei der Auseinandersetzung mit Fragen der Therapiegeschichte. Die eher allgemein gehaltenen Teile 2 bis 5 sind von besonderem Interesse hinsichtlich der Popularisierung ärztlichen Wissens in der medizinischen Laienkultur.