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In Deutschland wie in Frankreich waren in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg Militärfeiern feste Einrichtungen und zugleich Höhepunkte des gesellschaftlichen Lebens. Zu den Militärparaden, die nationale Einigkeit, männliche Kampfkraft und soldatische Stärke vorführten, kamen stets Tausende von Zuschauern. Die Anwesenheit hier des deutschen Kaisers, dort des französischen Staatspräsidenten, allgegenwärtige Nationalsymbolik und die große Beteiligung der Bevölkerung machten die Feiern zu wichtigen Veranstaltungen eines nationalen Kults, in dem die Einheit der um Armee und Staatsführung versammelten Nation in Waffen beschworen wurde. Jakob Vogel vergleicht diesen militärischen Nationalkult in Deutschland und Frankreich. Neben offensichtlichen Unterschieden arbeitet er erstaunlich viele Ähnlichkeiten heraus. In beiden Ländern war der Krieg 1870/71 von zentraler Bedeutung, trotz der entgegengesetzten Ausgangssituationen von Sieg und Niederlage. Das Ritual des militärischen Kults war nahezu identisch. Das gilt besonders für das Zeremoniell der großen Paraden. Darüber hinaus ähnelten sich die Rolle der Staatsführungen und deren Ziele, auch das Verhalten der sozialen Gruppen weitgehend. Die Kriegserinnerungsfeiern entwickelten kaum verschiedene Formen des Gedenkens. Ein Unterschied ist allerdings ausgeprägt: In Deutschland haben die militärischen Feiern nur ausnahmsweise parteipolitische Auseinandersetzungen ausgelöst, während sie in Frankreich immer wieder Anlass boten für Protestaktionen gegen die jeweilige Regierung. Im Kult der Nation in Waffen kommen politische Geschichte, Sozial- und Kulturgeschichte zusammen. Hinter der Begeisterung für das Spektakel der Paraden in farbenprächtigen Uniformen stand in der Bevölkerung keine Kriegsideologie. Eher war es ein hier wie da verbreiteter Folklore-Militarismus. Dieser schuf aber zweifellos auch Voraussetzungen für die Mobilisierung der deutschen und der französischen Gesellschaft im Ersten Weltkrieg
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Nationen im Gleichschritt, Jakob Vogel
- Sprache
- Erscheinungsdatum
- 1997
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- Titel
- Nationen im Gleichschritt
- Sprache
- Deutsch
- Autor*innen
- Jakob Vogel
- Verlag
- Vandenhoeck und Ruprecht
- Erscheinungsdatum
- 1997
- ISBN10
- 3525357818
- ISBN13
- 9783525357811
- Kategorie
- Weltgeschichte
- Beschreibung
- In Deutschland wie in Frankreich waren in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg Militärfeiern feste Einrichtungen und zugleich Höhepunkte des gesellschaftlichen Lebens. Zu den Militärparaden, die nationale Einigkeit, männliche Kampfkraft und soldatische Stärke vorführten, kamen stets Tausende von Zuschauern. Die Anwesenheit hier des deutschen Kaisers, dort des französischen Staatspräsidenten, allgegenwärtige Nationalsymbolik und die große Beteiligung der Bevölkerung machten die Feiern zu wichtigen Veranstaltungen eines nationalen Kults, in dem die Einheit der um Armee und Staatsführung versammelten Nation in Waffen beschworen wurde. Jakob Vogel vergleicht diesen militärischen Nationalkult in Deutschland und Frankreich. Neben offensichtlichen Unterschieden arbeitet er erstaunlich viele Ähnlichkeiten heraus. In beiden Ländern war der Krieg 1870/71 von zentraler Bedeutung, trotz der entgegengesetzten Ausgangssituationen von Sieg und Niederlage. Das Ritual des militärischen Kults war nahezu identisch. Das gilt besonders für das Zeremoniell der großen Paraden. Darüber hinaus ähnelten sich die Rolle der Staatsführungen und deren Ziele, auch das Verhalten der sozialen Gruppen weitgehend. Die Kriegserinnerungsfeiern entwickelten kaum verschiedene Formen des Gedenkens. Ein Unterschied ist allerdings ausgeprägt: In Deutschland haben die militärischen Feiern nur ausnahmsweise parteipolitische Auseinandersetzungen ausgelöst, während sie in Frankreich immer wieder Anlass boten für Protestaktionen gegen die jeweilige Regierung. Im Kult der Nation in Waffen kommen politische Geschichte, Sozial- und Kulturgeschichte zusammen. Hinter der Begeisterung für das Spektakel der Paraden in farbenprächtigen Uniformen stand in der Bevölkerung keine Kriegsideologie. Eher war es ein hier wie da verbreiteter Folklore-Militarismus. Dieser schuf aber zweifellos auch Voraussetzungen für die Mobilisierung der deutschen und der französischen Gesellschaft im Ersten Weltkrieg