Menschheit und Individualität
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Die Bildungsphilosophie Wilhelm von Humboldts in der Weite ihrer Bezüge zu diskutieren, war die Absicht der Ringvorlesung, aus der der vorliegende Band hervorgegangen ist. Die Bildungstheorie Wilhelm von Humboldts war lange Zeit zum Zerrbild eines egozentrischen Individualismus verunstaltet. Ein gestörtes Verhältnis zur Praxis, Abkehr von den Forderungen der Realität, Flucht in die Innerlichkeit waren die Merkmale des 'idealistischen' Bildungsbegriffs, der Humboldt zugeschrieben wurde. Der Wandel des Humboldtbildes in den zurückliegenden dreißig Jahren kommt einer Neuentdeckung des 'humanen Autors' gleich (Adorno). Tatsächlich zeigen bereits die frühen Entwürfe Humboldts zu einer Theorie der Bildung des Menschen den entschiedenen Impuls zur Gestaltung einer aufgeklärten und zugleich humanen Praxis. Dabei setzt die angestrebte ganzheitliche Bildung des Einzelnen die Reform der Gesellschaft und ihrer Verfassung als Ganzes voraus. So sind beide, die Staatstheorie und die Anthropologie, und diese wiederum in ihren philosophischen und ihren empirischen Ansätzen, Manifestationen der Humboldtschen Bildungstheorie. Der idealistisch-pragmatische Bildungsbegriff Humboldts, der so entsteht, kann als eine kritische Version der Moderne aufgefaßt werden, in der die Dialektik der Aufklärung bereits reflektiert ist. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, daß die Kategorie der Individualität in der Mannigfaltigkeit ihrer Erscheinungsformen auf die Idee der Menschheit (und der Menschlichkeit) als Ganzes zurückbezogen bleibt. InteressentInnen: Erziehungswissenschaftler, Sprachwissenschaftler, Philosophen, Historiker.