Licht und Schatten in Westfalen
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Leseprobe: „Ein Mann namens Schmitz Als die Kaiser Wilhelm hießen, hießen auch viele Jungen so. Wenn einer dann auch noch Schmitz mit Nachnamen hieß, hatte er wenig Chancen, in die Geschichte einzugehen. Aber da gab es diesen einen, den die Kinematographen-Sucht gepackt hatte. Er muß technischen Verstand und Geschick im Sich-Verkaufen genug gehabt haben, wenn er es geschafft hatte, zweimal der holländischen Königin in Den Haag vorführen zu dürfen. Mit Wohnungen hatte er weniger Glück. Wahrscheinlich lag das an den Chemikalien und Bastelarbeiten, an Gestank, Ätzen und Feuergefahr. Vielleicht aber mußte er nur häufiger die Miete schuldig bleiben. Viel verdienten die ersten Kino-Bastler nicht. Jedenfalls lebte er in seiner Zeit in Münster von 1897/ 98 bis 1904/06 nacheinander unter mindestens fünf verschiedenen Adressen. Später in Hannover von 1906 bis 1909 unter mindestens drei Privatadressen und einer Geschäftsadresse. Er nannte sich schon immer Wilhelm Schmitz aus Hannover(!), obwohl die Spuren seiner Kindheit dort nicht gefunden wurden. Vielleicht war er aus dem Hannoverschen. Vielleicht stammte er auch aus der Region Unna oder aus dem Sauerland, wo später ein ganzes Kinoimperium bei bzw. nach einem (Gastwirt) Wilhelm Schmitz und seinen Erben entstand. Mit diesem Namen läßt sich nichts Eindeutiges sagen. Das Stadtarchiv Hannover aber fand eine Geburtsangabe: 7.1.1863 in Hattingen. Jedenfalls hatte er sein Standquartier zuerst in Münster und dann in Hannover. Dort hatte er sogar ein eigenes kleines Kino in der Nordmannstraße 4. Parallel dazu wanderte er: vom Hannoverschen bis in die Niederlande, bis hinauf ins Emsland, bis hinunter nach Paderborn und vielleicht auch in die Unnaer Gegend. Er führte seinen Kinematographen oder American Biograph in Gaststätten oder Zelten vor, auf Jahrmärkten und Kirmissen, oft verbunden mit anderen Sehenswürdigkeiten (z. B. Röntgenstrahlen). Er spielte vor fast leeren Bänken und vor 650 Menschen gleichzeitig. Als in Hannover bei Buderus (noch vor der Gerichtsverhandlung gegen Schuster Voigt!) der erste Film über den Hauptmann von Köpenick gedreht wurde, griff er zu und schnappte ihn einem größeren Kino vor der Nase weg. Drei Tage lief der Film Anfang November 1306 in seinem Kino in der Nordmannstraße ehe er in Hannover verboten wurde. Am 11.11 1906 aber eröffnete das erste feste Kino Münsters mit diesem Film. Vielleicht hatte Wiedau ihm den verbotenen Film abgekauft, diesem Mann names Wilhelm Schmitz.“ Eine Fülle von Daten und Abbildungen, ein Register und lebendige Situationsbeschreibungen machen dieses Buch zu einer Fundgrube für westfälische Kinogeschichte bis in die Sechzigerjahre.