Lebenszeit, Halbwertszeit
Autoren
Mehr zum Buch
Die Halbwertzeit von Uran 238 beträgt 4,5 Milliarden Jahre. Das ist etwa so lang, wie die Erde alt ist. Reportagen aus einer Zeitenwende: Vom Atomzeitalter ins Zeitalter des Atommülls. Die Erde ist seit 100 Jahren künstlich „radioaktiv“. In den ersten Jahren der Atom-Euphorie schien die Erfüllung alter Menschheitsträume in greifbare Nähe zu rücken: Amerikanische Wissenschaftler planten, die Sahara in einen riesigen Wald zu verwandeln. Eisberge sollten abgeschmolzen, ganze Landschaften großflächig neu gestaltet werden. Edward Teller, der Erfinder der Wasserstoffbombe, wollte mit Atombomben einen zweiten Panamakanal durch Mittelamerika sprengen, eine Wasserstraße auf Meeresspiegelhöhe - den „Panatomischen Kanal“, wie er ihn nannte. Doch es zeigte sich: Die Risiken atomarer Strahlung sind nicht beherrschbar. Hundert Jahre militärische und „friedliche“ Nutzung der Atomkraft haben uns gezeigt, wo die wahren Risiken liegen: Millionen Tonnen radioaktiven Materials sind entstanden, mit Halbwertzeiten, die um Tausende, Millionen, Milliarden von Jahren über unsere geschriebene Geschichte hinausgehen. Die Halbwertzeit von Plutonium 239 beträgt 25.000 Jahre, von Uranium 238 4,5 Milliarden, von Rubidium 87 sogar 47 Milliarden Jahre. (Das Sonnensystem besteht erst ca. 4,57 Milliarden Jahre.) Es gibt kein Zurück, die Lebewesen entrinnen den Folgen der Atomrüstung und Kernindustrie nicht. Sie verfolgen uns in tausend Arten von radioaktivem Abfall. Auf ewig. Der Journalist und Filmemacher Jeremy Hall enthüllt seltsame, bisweilen geheimgehaltene Schicksale von Menschen, die auf die eine oder andere Weise radioaktiver Strahlung ausgesetzt waren oder gegen sie kämpften. Er reiste um die ganze Welt, um mit den Warnern und den Protestierenden zu sprechen. Er traf Opfer des Zeitalters der Radioaktivität: Menschen aus Tschernobyl, Mescalero-Apachen in Neu-Mexiko, wo die ersten Atomversuche auf amerikanischem Boden stattfanden, Bewohner des Bikini-Atolls. Eine Wissenschaftlerin dokumentiert die alarmierend hohe Zahl verkrüppelter Lebewesen im Mini-Kosmos der Insekten, zu klein, um mit bloßem Auge gesehen zu werden. Hall sprach aber auch mit Wissenschaftlern, Spekulanten, Gangstern und Opportunisten, für die Atommüll nichts anderes ist als ein Milliardengeschäft. Der Autor war den Atomdeponien auf der Spur. Ganze Landschaften mit Flüssen und Seen sind für immer unbewohnbar geworden. Tagein, tagaus sind auf allen Weltmeeren Schiffe mit Atommüll unterwegs, manche verschwinden. Täglich transportieren Eisenbahnen und Lastwagen-Konvois flüssige radioaktive Abfälle kreuz und quer durch Länder. Jeden Augenblick wird die Erde und ihre Atmosphäre stärker atomar verseucht. „Jeremy Hall erteilt seinen Lesern eine Lektion in menschlicher Hybris … und präsentiert Horrorvisionen, die leider keine ScienceFiction mehr sind. Es wäre zu wünschen, dass diese provokant formulierte Arbeit auch in deutscher Sprache erscheint“, forderte die Frankfurter Allgemeine Zeitung unmittelbar nach Erscheinen der englischen Originalausgabe.