Fragmente einer Sprache der Dichtung
Autoren
Mehr zum Buch
'Wenn ich heute anfangen könnte, würde ich gerne dort weitermachen, wo er ist. Ja, ich beneide ihn', so äußerte sich H. C. Artmann über den jungen Tiroler Dichter Raoul Schrott. In dieser Anerkennung von poetisch höchster Ebene schwingt nicht nur das Lob eines dichterischen Talents mit, sondern auch die Wahlverwandtschaft mit einem Wortreisenden, der in vielen Sprachen beheimatet ist: Schrott übersetzt aus mehreren Sprachen, darunter so entlegenen wie Gälisch, Baskisch oder Okzitanisch, und legte auch eine neue Sappho-Übersetzung vor. Ein Autor, dessen Kenntnisse der Weltliteratur – und dieser Begriff umfaßt nicht nur das aktuelle Romanschaffen der Gegenwart, sondern altsumerische Gesänge genauso wie provençalische Volksdichtung – fundiert und sehr oft durch eigene Nach-dichtung erworben sind, ein solcher Autor eignet sich wie wenige andere dazu, über 'Dichtung' in all ihren Facetten zu sprechen. Was in Schrotts bescheidenen Worten nur Fragmente einer Sprache der Dichtung sind, sind die Poetikvorlesungen, in denen der Autor genauso eloquent zeitgenössische Ästhetiktheorien wie Interpretationen einiger Sappho-Fragmente vortragen kann. Und vor allem sein Bekenntnis, daß Dichtung nicht Eingebung von oben ist (in welch verborgenen Formen auch immer), sondern machbar, Handwerk mit materiellem Boden: Poesie und Physis.