Besucher einer Ausstellung
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Interviews mit Besuchern der Ausstellung„Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1945“ Kaum eine Ausstellung der Nachkriegszeit hat so heftige und kontroverse Diskussionen ausgelöst wie die mittlerweile in 34 deutschen Städten gezeigte Dokumentation „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“. In Berlin, Potsdam und Stuttgart wurden 1995 im Auftrag des Hamburger Instituts für Sozialforschung Besucher der Ausstellung interviewt. Diese Interviews spiegeln die kontroversen Reaktionen auf das in der Ausstellung Gezeigte. Es kommen jene zu Wort, die es aus eigener Anschauung und Erinnerung „schon immer gewußt“ haben und solche, die das Dargestellte nicht bezweifeln, es aber „in den größeren Zusammenhang“ eingeordnet wissen wollen. Es finden sich Täterkinder, die ihre Eltern verteidigen, aber auch Kinder potentieller Täter, die lieber Kinder von Opfern wären. Generations- und geschlechtsspezifische Wahrnehmungs- und Erfahrungsmuster, die sich auf literarische oder andere mediale Vermittlungsinstanzen beziehen, lassen sich ebenso herausfiltern wie die Zusammenhänge, in denen die Interviewten von den Verbrechen erfahren haben, die Informationswege, die Zeitpunkte und Orte des Bewußtwerdens oder seiner Blockierungen. „Wir waren“, so eine Besucherin in Erinnerung an ihre Schulzeit während des Krieges, "dritte oder vierte Klasse, und eins von den Mädchen, die kam eines Morgens mit großem Hallo in die Schule. Was ich dann auf diesen Bildern sah, war entsetzlich, also das konnte ich nie vergessen. Also, da war hier 'n Pfosten, da 'n Pfosten und darüber war 'ne Latte gelegt. und da dran hingen nicht bloß drei, vier, das waren wohl zehn, zwölf, fünfzehn Gefangene, die da also aufgehängt waren, schön der Reihe nach.„ Die interpretative Arbeit wird durch das vorliegende Material geradezu herausgefordert - und in den neun Aufsätzen des Bandes anschaulich eingelöst. Es wird etwa nach dem weiblichen Blick auf den männlichen Krieg gefragt oder nach den Reaktionen jener Ausstellungsbesucher deren Väter als Wehrmachtssoldaten dienten. War der Vater Zeuge der Verbrechen oder gar selbst Täter? Hat er “dabei" fotografiert oder ist er selbst fotografiert worden? Es sind solche Fragen, die durch den Besuch der Ausstellung aufgeworfen wurden - und mitunter auch die befürchtete Antwort bekamen. Vermittelt werden auf diese Weise erhellende Einblicke in spezifische Formen deutscher Erinnerung und ihre Bezüge zur gesamtdeutschen Gegenwart. Mit Beiträgen von: Heinz Bude, Hannes Heer, Ela Hornung, Almuth Leh, Klaus Naumann, Gabriele Rosenthal, Jan Philipp Reemtsma, Christian Schneider, Cordelia Stillke und Gaby Zipfel.