Die Erfindung der Individualität oder die zwei Gesichter der Evolution
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Dieses breit angelegte, anspruchsvolle Buch ist eine lesbare Darstellung der Evolution und Organisation biologischer Systeme im Lichte der neueren und neuesten Biologie: von einfachen Modellsystemen über Zellen und vielzellige Organismen zu Sozietäten; von den molekular-genetischen Grundlagen über zellbiologische und physiologische Aspekte zum sozialen Verhalten; vom „Werden“ zum „Sein“ des Organismus. Das Buch entwickelt unter anderem ein Schichtenmodell der biologischen Organisation und beschreibt die verschiedenen Ebenen, die einerseits eng miteinander verknüpft sind, denen aber andererseits auch eine relative Selbständigkeit zukommt. Das genetische Programm - der Genotyp - und dessen Ausprägung - der Phänotyp - sind die wichtigste Form des Schichtenprinzips, und Wieser zeigt, daß diese „zwei Gesichter der Evolution“ in der Entwicklungsgeschichte eine zunehmende Loslösung erfahren haben: Der Phänotyp emanzipiert sich vom Genotyp. Diese „Erfindung der Individualität“ ist ein „Markstein“ in der Evolution. Aus einer tiefen Detailkenntnis heraus, aber mit dem Blick des erfahrenen Wissenschaftlers für die übergreifenden Leitmotive arbeitet Wieser in einer bildreichen Sprache zahlreiche weitere Prinzipien heraus, die in der Biologie und insbesondere in der Evolution der Organismen von großer Bedeutung sind: die Zähmung des Zufalls, die Koexistenz von Variabilität und Wandel einerseits, Stabilität und Dauer andererseits, die Zunahme der Komplexität sowie den Konflikt zwischen der Autonomie der Teile und den Zwängen von Systemen. Die große Datenfülle der Biologie entlang solcher Leitlinien zusammenzufassen und zu interpretieren, ist eine der großen Leistungen dieses Buches. Es ermöglicht dem Leser, den ungeheuren Fortschritt, den die biologischen Wissenschaften in den letzten Jahrzehnten erfahren haben, zu ordnen und dessen Bedeutung für unser Verständnis von der Welt und von der Stellung des Menschen darin abzuschätzen.