Preisstrategien im europäischen Linienluftverkehr
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Die Marktbedingungen des Linienluftverkehrs in Europa haben sich spätestens seit der 1993 für die EU abgeschlossenen und nahezu vollständigen Deregulierung tiefgreifend verändert. Ein freier Marktzugang ist gewährt; staatliche Tarifrestriktionen wurden auf ein Minimum reduziert. Parallel zum Liberalisierungsprozeß erlebten die Linienfluggesellschaften allerdings Anfang der neunziger Jahre weltweit eine der schwersten ökonomischen Krisen seit Bestehen des gewerblichen Luftverkehrs. Eine sachliche Auseinandersetzung mit den in der Öffentlichkeit geäußerten Erklärungsversuchen zu den Auswirkungen der Liberalisierung und den Wettbewerbsmechanismen im europäischen Linienluftverkehr wurde bisher dadurch erschwert, daß im Gegensatz zu den USA keine detaillierten empirischen Studien zu den Einflußfaktoren auf das Tarifniveau und das Marktein- und -austrittsverhalten vorliegen. Diese Informationslücke will die vorliegende Arbeit schließen. Sie analysiert das strategische Preisverhalten im grenzüberschreitenden europäischen Linienluftverkehr auf breiter empirischer Basis und auf der Grundlage industrieökonomischer Modelle für die Periode des Übergangs zu deregulierten Märkten zwischen 1987 und 1994. Auf Basis der verwendeten Daten, die den europäischen Linienluftverkehr nahezu vollständig abdecken, läßt sich eindeutig nachweisen, daß die Deregulierung in der EU zu signifikant niedrigeren Tarifen von ca. 10-15% geführt hat. Angesichts dieser Entwicklung und der Tatsache, daß es bislang nur zu einem geringfügigen Anstieg der Anbieterkonzentration gekommen ist, kann die EU-Deregulierung als Erfolg bezeichnet werden. Zu den Hauptergebnissen der Arbeit zählt allerdings auch, daß der europäische Linienluftverkehr - ebenso wie in den USA - eindeutig nicht contestable ist. Zudem sind etablierte Anbieter in der Lage, mit Hilfe von Preis- und Kapazitätsmaßnahmen potentielle Wettbewerber vom Markteintritt abzuschrecken. Einen ähnlichen Effekt haben auch Signal- und Reputationsstrategien. Zusammen mit einzelnen Hinweisen auf kollusive Verhaltensformen führt dies zur Forderung einer erhöhten Aufmerksamkeit der Wettbewerbspolitik.