Frankfurt Macht Mode 1933 - 1945
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1933 richtete die Stadt Frankfurt ein kommunales Modeamt ein. Frankfurt sollte mit dieser vom damaligen Oberbürgermeister Krebs persönlich initiierten Einrichtung ideologisch und praktisch zum Zentrum der Mode in Deutschland gemacht werden und in dieser Führungsrolle den nationalsozialistischen Ehrentitel „Stadt des deutschen Handwerks“ in der Realität verankern. Verknüpft mit der Modeklasse der Städelschule, war das Modeamt zugleich Ausbildungsstätte und kulturelle Einrichtung. Ziel war es, eine „deutsche“ Mode für die deutschen Frauen zu schaffen. Die Vorbildhaftigkeit der Entwürfe sollte der Geschmacksbildung dienen und die „Kleidkultur“ der weiblichen „Volksgenossen“ in diesem Sinne beeinflussen. Mit zeitgenössischen Modefotografien werden die sogut wie unbekannten Modellentwürfe des Modeamtes, sowie die Arbeit mit „neuen Werkstoffen“, etwa Strandkleidung aus Fischernetz, Abendschuhe mit Plexiglasabsatz oder Handschuhe aus Fischleder vorgestellt. Sie dokumentieren, daß das Klischee von der deutschen Frau im Dirndl mit Gretchenfrisur nicht zutrifft. Im Gegenteil: Mode gewährte im Nationalsozialismus, ähnlich wie der Unterhaltungsfilm, das Variété und der Schlager, einen gewissen Freiraum, der notwendig war, um die Identifikation mit dem Regime nicht zu gefährden, ja sie sogar zu unterstützen. Außerdem wird nach dem wirtschaftlichen und ideologischen Erfolg des Modeamtes gefragt und die Ambivalenz seiner Arbeit konstatiert: Einerseits entstanden im Sinne des Nationalsozialismus Kleider für den Reichsarbeitsdienst, die Landfrauen, die Fabrikarbeiterinnen, andererseits Modelle für eine gehobene, finanzkräftige Käuferinnenschicht, die trotz der Propagierung einer „deutschen Mode“ einem eleganten internationalen Stil verpflichtet waren. Gleichzeitig mit dem Aufbau einer „deutschen“ Mode, wurde nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten jedoch Mode vernichtet: Durch die Arisierung der jüdischen Bekleidungs- und Textilwirtschaft wurden die jüdischen Inhaber zum Verkauf und zur Schließung ihrer Geschäfte gezwungen, enteignet, vertrieben und verfolgt, in Konzentrationslager deportiert und umgebracht. Vor dem Hintergrund der mörderischen Realität des Nationalsozialismus entlarvt sich die Welt der Mode als „schöner Schein“.