Labyrinth der Rhetorik
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Die Rhetorik habe, so wird oft behauptet, während des 18. Jahrhunderts an Bedeutung verloren. Gewiß gilt dies jedoch nicht für die ersten Dekaden nach 1700. Weder die Rhetorik als das noch immer grundlegende System für die Herstellung von Texten noch die Redepraxis verloren in signifikanter Weise ihre Stellung; beide jedoch unterlagen tiefgreifenden Veränderungen. Das deutet sich u. a. in den geradezu inflationär werdenden gedruckten Sammlungen verschiedenster weltlicher Reden an. Einen Einblick in jene Angenehmen Labyrinthe der Rhetorik und Proben der Beredsamkeit, vor allem in die von Johann Christian Lünig herausgegebene, vielbändige Sammlung Grosser Herren gehaltene Reden bietet die vorliegende Edition. Anhand einer repräsentativen Auswahl von thematisch wie hinsichtlich ihrer oratorischen Gattungen breit gestreuten Texten lassen sich vielfältige stilistische, rhetorik-, mentalitäts- und ideologiegeschichtliche Überlagerungen zwischen spätbarocker Redekultur und ersten aufklärerischen Ansätzen erkennen: Neben der grimmigen Tirade eines Leipziger Bürgermeisters gegen einen Raubmörder vor dessen Hinrichtung und einer Grabrede für einen jung verstorbenen Studenten über die Nichtigkeit des Irdischen stehen eine pädagogische Auseinandersetzung mit den psychischen Folgen der Romanlektüre, eine Ansprache zur Einrichtung der preußischen Akademie der Wissenschaften und eine Leichenoratorie auf Christian Thomasius.