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Die Regensburger Heil- und Pflegeanstalt Karthaus-Prüll im "Dritten Reich"

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Das Buch von Prof. Dr. med. Clemens Cording, dem Stellvertretenden Ärztlichen Direktor des heutigen Bezirksklinikums Regensburg, gibt zunächst einen komprimierten Überblick über die nationalsozialistischen Aktionen gegen die psychisch Kranken in Deutschland, verweist auf die komplexen historischen Wurzeln der NS-Psychiatriepolitik und zeigt, daß Ideologie und Praxis der Eugenik nicht nur inhuman und unethisch, sondern auch sinnlos und töricht waren. Ausgehend von der historischen Erfahrung in Deutschland (ergänzt durch Hinweise auf andere Länder), werden die heutige Euthanasie-Debatte und die in den Niederlanden praktizierten Krankentötungen problematisiert. Den ausführlichen zweiten Abschnitt bildet eine detaillierte historische Fallstudie: die Geschichte der Regensburger Heil- und Pflegeanstalt Karthaus-Prüll von 1933 bis 1945. Hier wird exemplarisch deutlich, wie sich die NS-Psychiatriepolitik im Anstaltsalltag für Patienten und Mitarbeiter konkret ausgewirkt hat und wie die seit dem I. Weltkrieg unter dem Reformpsychiater Karl Eisen aufgebaute, vorbildlich human und therapeutisch orientierte Regensburger Psychiatrie im Nationalsozialismus demontiert wurde. Während Eisen mit bemerkenswert weitsichtigen Reden und Eingaben gegen diese Demontage protestierte und sie damit wohl immerhin verlangsamen konnte, war sein Nachfolger ein überzeugter Nationalsozialist, in dessen Amtszeit die ehemals mustergültigen therapeutischen Strukturen der Klinik zerstört und viele Hundert Patienten im Rahmen der sog. Aktion T4 und durch Verknappung lebensnotwendiger Ressourcen ermordet wurden. Die einzigartige Regensburger Computerdatei mit detaillierten Angaben über alle zwischen 1852 und 1951 in Karthaus-Prüll behandelten Patienten hat über die Aktenauswertungen und Zeugenbefragungen hinaus statistische Analysen der verschiedenen Opfergruppen in bezug auf die jeweilige Grundgesamtheit möglich gemacht, die es sonst in der einschlägigen Literatur nicht gibt und die neue Erkenntnisse beispielsweise über die faktischen Selektionskriterien im Nationalsozialismus erbracht haben. Anhand der sorgfältigen Analyse des umfangreichen Regensburger Dokumenten- und Datenmaterials wird gezeigt, daß es den Nationalsozialisten bei ihrem Massenmord an psychisch Kranken letztlich nicht um Sparmaßnahmen ging, wie die Propaganda glauben machen wollte, sondern um rein ideologisch motivierte, irrationale Ziele. Eigene Abschnitte sind den jüdischen Patienten, den KZ-Häftlingen und den NS-Zwangsarbeitern in Karthaus-Prüll gewidmet. In seinem Geleitwort betont der Historiker Prof. Dr. Dirk Blasius, daß das Buch die Erklärungskraft historischer Fallstudien unterstreicht.

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2000

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