Ambivalenzen einer Eigenart
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Josef Hoffmann (1870–1956) zählt zu den vielseitigsten Persönlichkeiten der Wiener Kunst- und Architekturszene des frühen 20. Jahrhunderts. Sein Name verbindet sich mit der Idee des Gesamtkunstwerks und eines synkretistischen Programms, das unterschiedliche künstlerische Traditionen verschmelzen und dabei individuelle „Eigenarten“ hervorheben wollte. In großbürgerlichen Kreisen und künstlerisch-repräsentativen Bereichen garantierte ihm diese vermittelnde Position jahrzehntelang Erfolg, während sie in der Diskussion um eine zeitgemäße Kunstauffassung im frühen 20. Jahrhundert allmählich an Bedeutung verlor. Zentraler Untersuchungsgegenstand der Arbeit ist die Werkgruppe der realisierten Ausstellungsbauten Hoffmanns von 1908 bis1934. Sie eröffnet neue Perspektiven für seine Einschätzung: Dabei werden die Zusammenhänge zwischen einer nach Ausdifferenzierung strebenden Zeit, welche die Ambivalenz Hoffmanns zunehmend ablehnen mußte und auf das „Experimentierfeld der Ausstellungspavillons“ (Peter Gorsen) abschob, und der Bedeutung, die er gerade dadurch international erlangen konnte, ergründet. Am Ende steht die Frage nach dem Modellcharakter von Hoffmanns Ausstellungsbauten in einem von Umbrüchen geprägten Zeitraum. Sie wird in einem Vergleich mit nahestehenden Ausstellungsarchitekten, der sich insbesondere Marcello Piacentini widmet, erörtert. Die künstlerischen Eingriffe von Gerwald Rockenschaub (1993) und Coop Himmelb(l)au (1995) am österreichischen Biennale-Pavillon in Venedig (1934) dokumentieren die Aktualität Hoffmanns und zeigen, daß sein letzter realisierter Ausstellungsbau die Kraft besitzt, als Protagonist in der Debatte um das kulturelle Selbstverständnis Österreichs zu bestehen. Diss. Weimar.