Exotische Verfassung
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Wie wurden im Kaiserreich die Kompetenzen des Reichstags für die Kolonien in der Gesetzgebung gestaltet und von der Staatsrechtslehre reflektiert? Wie verhält sich diese besondere Kompetenzordnung zur Reichsverfassung? Marc Grohmann untersucht die koloniale Kompetenzordnung, die 1886 durch ein parlamentarisches Ermächtigungsgesetz auf den Kaiser ausgerichtet wurde. Nach der Jahrhundertwende setzten Versuche ein, die monarchisch-bürokratische Regierung der Kolonien einer stärkeren parlamentarischen Kontrolle zu unterwerfen. Warum wurden die Kolonien in Afrika, China und der Südsee anders behandelt als das Reich selbst? Lassen sich aus der Exotisierung der kolonialen Kompetenzordnung durch Regierungsbeamte, Parlamentarier und Rechtswissenschaftler Rückschlüsse auf die Aussichten einer Parlamentarisierung des Reichs und auf das zeitgenössische Denken über Parlament und Kaisertum ziehen? Marc Grohmann geht diesen Fragen nach und berücksichtigt dabei auch die anderen europäischen Kolonialmächte und das 'Reichsland' Elsaß-Lothringen. Er wertet Archivmaterial aus, analysiert die zeitgenössische juristische Literatur eingehend und zeichnet Entstehung, Legitimation und Entwicklung der 'exotischen Verfassung' nach. Diese Analyse des Sonderfalls 'Kolonien' unterstützt neuere Bewertungen des Kaiserreichs, die von einer relativen Offenheit der Verfassungsentwicklung ausgehen.