Germanische Rätseltradition
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Einen bemerkenswerten Beitrag zur germanischen Rätseltradition liefern die aus der altenglischen Epoche überlieferten Rätsel des Codex Exoniensis und Vercellensis. Das Rätsel über die „Zeit“ ist ein Kleinod altenglischer Lyrik, einmalig in seiner Komposition und dem Ideenreichtum, mit dem der Rätselautor dem Phänomen „Zeit“ beizukommen versucht. Das Gedicht hat in der Literatur auf dem Festland keine Entsprechung mehr, obwohl das Rätsel vor nahezu zweitausend Jahren in Germanien entstanden ist, was aus dem Inhalt, der Sprache und der Struktur deutlich wird. Ein weiteres germanisches Rätselthema ist der „Fisch im Fluss“, von dem ebenfalls nur noch die im Exeterbuch überlieferte Kopie existiert. In der deutschsprachigen Literatur taucht das Rätsel erst zu Beginn des vierzehnten Jahrhunderts auf, allerdings nicht in der germanischen Fassung, sondern als Nachdichtung eines alten lateinischen Rätsels. Ganz anders verhält es sich mit dem Rätsel vom mystischen Weinfass. Neben der im Vercellibuch überlieferten altenglischen, gibt es auch eine deutsche Fassung, die nach jahrhundertelanger mündlicher Tradition in verschiedenen Rätselsammlungen um das Jahr 1500 veröffentlicht wird und mit dem altenglischen Rätsel auf eine universale, germanische Quelle zurückgeht.