Anprallversuche mit Motorrädern an passiven Schutzeinrichtungen
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Im Motorrad-Unfallgeschehen gilt der Anprall an Stahlschutzplanken als ein Unfallablauf, der mit schwersten und tödlichen Verletzungen einher gehen kann. Dabei resultieren die Verletzungen meist nicht aus dem Sturz selbst, sondern vom späteren Anprall des auf der Straße rutschenden Motorradfahrer an den Schutzplankenpfosten, oder dadurch, dass der Motorradfahrer direkt an die Stahlschutzplanke prallt, sich an einzelnen Bauteilen verhakt und dadurch verletzt. Um diese Gefahren zu verringern, wurden als technische Lösungen ein zweiter untergehängter Holm, Änderungen des Querschnittsprofils der Pfosten und ihre Ummantelung vorgeschlagen. Die Verwendung von Schutzplankenummantelungen ist jedoch mehr eine Sofort- und Übergangslösung. Längerfristig soll bei neuen Entwicklungen passiver Schutzeinrichtungen die Sicherheitsanforderungen anprallender Motorradfahrer von vornherein berücksichtigt werden. Untersuchungen darüber, ob Betonschutzwände oder Stahlschutzsysteme weniger gefährlich für anprallende Motorradfahrer sind, wurden bisher nicht durchgeführt. Im Blickpunkt des Interesses stand hier also die Frage, welche Formen und Konstruktionen von verschiedenen Schutzeinrichtungen unabhängig von ihrem Werkstoff zu besseren Ergebnissen führen. Hauptaufgabe des Projektes war die Durchführung von Anprallversuchen mit Motorrädern an passive Schutzeinrichtungen unter realen Unfallbedingungen. Vorbereitend wurde eine Unfallanalyse über die Anprallsituation von Motorrädern und deren Aufsassen im Hinblick auf die Anpralldynamik und das Verletzungsrisiko erstellt. Zur Abwicklung des Projektes wurden insgesamt sechs Versuche durchgeführt. Simuliert wurde dabei der Anprall mit aufrecht fahrendem Motorrad und der Anprall mit auf der Seite rutschendem Motorrad an die Schutzeinrichtung. Bei allen sechs Versuchen kam jeweils ein Mittelklasse-Motorrad zum Einsatz. Als Motorradaufsasse wurde ein Dummy Hybrid III 50th percentile male mit Messungen der Belastungen in Kopf, Brust und Becken sowie in beiden Oberschenkeln verwendet. Vier Anprallversuche erfolgten gegen konventionelle passive Schutzeinrichtungen aus Beton und Stahl. Dabei kam eine Betonschutzeinrichtung mit einseitigem New Jersey-Profil zum Einsatz. Als Stahlschutzsysteme wurden eine einfache Distanzschutzplanke und eine Stahlschutzplanke verwendet. Aufbauend auf den daraus gewonnenen Erkenntnissen wurde eine modifizierte Stahlschutzeinrichtung entworfen. Deren Basis bildet ein sog. „Schweizer Kastenprofil“. Ergänzend wurde ein Unterzug aus Stahlblech angebaut. Mit diesem modifizierten System wurden zwei weitere Versuche durchgeführt. Die Kombination aus einer Stahlschutzplanke in der Ausführung „Schweizer Kastenprofil“ und einem Stahlunterzug zeigte nahezu alle gewünschten positiven Effekte. Es wurde festgestellt, dass das Verletzungsrisiko für die Motorradaufsassen bei einem aufrechten und bei einem rutschenden Anprall an das modifizierte System als deutlich geringer einzustufen ist, als dies unter vergleichbaren Bedingungen beim Anprall an die beiden anderen getesteten konventionellen Schutzsysteme der Fall war. Aus den Ergebnissen der Versuchen wurden konstruktive Verbesserungsvorschläge abgeleitet. Diese waren umzusetzen und unter gleichen Bedingungen wie die konventionellen Schutzsysteme zu testen. Darüber hinaus sollte das Projekt weitere Vorschläge zur technischen Verbesserung von passiven Schutzeinrichtungen im Hinblick auf den Anprall von Motorrädern und Motorradaufsassen ermöglichen.
Parameter
- ISBN
- 9783897017610