Reichstagswahlen und Parteien im Wahlkreis Kassel 4 (Eschwege - Schmalkalden - Witzenhausen) im Kaiserreich
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Die vorliegende Arbeit behandelt sowohl die Entstehung und die Entwicklung der politischen Parteien als auch den Verlauf und die Ergebnisse der Reichstagswahlen in der wahlpolitischen Einheit Kassel 4, die die drei ehemaligen Landkreise Eschwege, Schmalkalden und Witzenhausen umfaßte. Der zeitliche Rahmen der Untersuchung erstreckt sich dabei von der Wahl zum Konstituierenden Reichstag 1867 bis zum Jahre 1912, in dem die letzte Reichstagswahl des Kaiserreiches stattfand. Bewußt wurden nur die Reichstagswahlen in das Feld der Betrachtung gerückt, da nur diesen, wenn auch mit Einschränkungen, das allgemeine gleiche Wahlrecht zugrunde lag. Der Untersuchungsgegenstand bietet ein vielfältiges Spektrum, auf dessen Grundlage sich das Verhältnis zwischen wirtschaftlichen und sozialen Strukturen auf der einen und Wählerverhalten auf der anderen Seite ausgiebig untersuchen läßt. Das liegt zum einen an der unterschiedlichen Wirtschaftsstruktur der drei Kreise und in ihnen, zum anderen am ökonomischen Wandel, der sich in den vier Jahrzehnten des Untersuchungszeitraumes vollzogen hat. Die Untersuchung zeigt, wie im Zuge der Industrialisierung das parteipolitische Spektrum der Region im Untersuchungszeitraum einem gravierenden Wandel unterworfen war. So bildete sich nach einem Dezenium der nationalliberalen Vorherrschaft in den Jahren 1867 - 1878 und der Zeit des Gegensatzes zwischen Konservativen und Linksliberalen in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts seit 1893 schließlich ein „Vierparteiensystem“ heraus, das die vier politischen Richtungen Antisemitismus, Konservatismus, Linksliberalismus und Sozialdemokratie umfaßte, wobei der wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale Wandel zunehmend die Wählerbasis der SPD verbreitern sollte. Trotz einiger Rückschläge verzeichnete die Sozialdemokratie seit 1890 einen deutlichen Aufschwung, der, jahrelang gebremst sowohl durch das Mehrheitswahlrecht als auch durch die Formierung einer „bürgerlichen Sammlungsbewegung“ in den Stichwahlen, im Jahre 1912 endlich seinen Ausdruck in der Eroberung des Reichstagsmandates fand.