Umformen von Magnesiumblechen mit temperierten Werkzeugen
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Es sollten Grundlagen für eine sichere Werkzeug- und Prozessauslegung der temperierten Magnesium-Blechumformung durch Untersuchungen geschaffen werden. Nach einer Bewertung praxistauglicher Heiz- bzw. Kühltechniken für Tiefziehwerkzeuge wurde am Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen (IFUM) der Universität Hannover ein temperiertes Werkzeugsystem gefertigt. Die Konstruktion des Werkzeuges stützte sich auf die am Institut für Wärmetechnik und Thermodynamik (IWTT) der Technischen Universität Bergakademie Freiberg durchgeführte thermische Auslegung. Im ersten Arbeitsschritt wurden die mechanischen Kennwerte von Magnesium- und Aluminiumlegierungen in Abhängigkeit der Temperatur und der Umformgeschwindigkeit im einachsigen Zugversuch ermittelt. Die Ergebnisse aus diesen Untersuchungen machen deutlich, dass die Fließspannungen der untersuchten Werkstoffe mit steigender Temperatur abnehmen und die Formänderungen bis zum Versagen durch Reißer zunehmen. Dies ist bei Magnesiumlegierungen auf eine thermische Aktivierung weiterer Gleitebenen zurückzuführen. Zudem fallen die Fließspannungen besonders bei Magnesiumlegierungen bei erhöhten Temperaturen bei zunehmenden Formänderungen nach Erreichen eines Maximums wieder ab, was auf Entfestigungsvorgänge im Werkstoff zurückzuführen ist. Im nächsten Arbeitsschritt wurden einerseits mit bereits vorhandenen Modellwerkzeugen und andererseits mit dem im Rahmen des Forschungsvorhabens angefertigten Werkzeug experimentelle Untersuchungen hinsichtlich des Umformverhaltens von Feinblechen aus Magnesiumknetlegierungen am IFUM durchgeführt. Die Ergebnisse sowohl aus den Versuchen mit rotationssymmetrischer Stempelgeometrie als auch mit rechteckiger Stempelgeometrie machen deutlich, dass das Grenzziehverhältnis mit zunehmender Temperatur zunächst ansteigt. Dabei ist der Anstieg der Grenzziehverhältnisse bei den untersuchten Magnesiumfeinblechen deutlich stärker ausgeprägt als bei der untersuchten Aluminiumlegierung AlMg4,5Mn0,4 (AA5182). Untersuchungen mit partiell beheizbaren Tiefziehwerkzeugen haben gezeigt, dass die Umformgrenzen mit dieser Art der Werkzeugbeheizung im Vergleich zur homogenen Werkzeugbeheizung deutlich gesteigert werden können. Am IWTT wurde parallel dazu das thermodynamische Gesamtsystem, bestehend aus Werkzeug, Umformmaschine und Umgebung hinsichtlich der auftretenden Wärmeströme analysiert. Aus dem Betrieb der beheizten Werkzeuge und der thermodynamischen FE-Simulation des Systems Werkzeug-Tiefziehpressen wurden abschließend Richtlinien für die praktische Auslegung des Systems Werkzeug, Maschine und Umgebung für das temperierte Tiefziehen von Magnesiumfeinblechen erarbeitet. Die Ergebnisse machen deutlich, dass sowohl aus wärmetechnischen als auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten die Werkzeugbeheizung mittels indirekter Widerstandserwärmung am vorteilhaftesten ist. Weiterhin wird deutlich, dass zur thermischen Trennung von Werkzeug und Maschine neben einer Wärmedämmschicht auch der Einsatz einer Wasserkühlung zur Wärmeabfuhr erforderlich ist. Anhand der thermodynamischen Simulation des Gesamtsystems und durch einen Praxisabgleich konnte für das partiell beheizbare Tiefzeihwerkzeug nachgewiesen werden, dass sich durch eine gute thermische Trennung von beheizten Eck- und gekühlten Seitenbereichen auf der Blechoberfläche in den Eckbereichen eine deutlich höhere Temperatur als in den Seitenbereichen einstellt.