Die Bibel als sozialkritisches Instrument im englischen Industrieroman des 19. Jahrhunderts
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Die Industrielle Revolution ist eine Zeit des allgemeinen Umbruchs. Etablierte soziale Strukturen beginnen aufzubrechen. Die Gesellschaft muss sich den neuen Herausforderungen stellen, um den sozialen Frieden zu sichern. Auf der Suche nach angemessenen Lösungen für die soziale Frage entsteht auch in der Literatur eine öffentliche Diskussion um die Auswirkungen des neuen Industrie- und Wirtschaftssystems auf die alte Ordnung und die alten Werte. Innerhalb dieser Diskussion spielt die Religion in ihrer gesamten Bandbreite eine wichtige Rolle. Die vertretenen religiösen Richtungen reichen vom strengen Puritanismus über gemässigte Varianten des christlichen Glaubens bis zum Agnostizismus. Es stellt sich die Frage, welche Rolle die Religion in der Literatur der Zeit spielt. Wird sie gemäss Marx' These als „Opium des Volks“ instrumentalisiert, um bestehende Missstände zu rechtfertigen und den Wandel als nicht gottgewollt abzulehnen, oder aber versuchen die Autoren mit Hilfe der Religion Antworten auf die neuen Herausforderungen zu finden? Dieses Spektrum an religiösen Meinungen spiegelt sich in der Romanliteratur der Zeit, in den industrial novels, wider. Anhand der Sprache in Form von intertextuellen Bezügen und Kollektivsymbolen wurde die sozialkritische Bedeutung der Bibel als Bezugstext für die industrial novels herausgearbeitet. Des weiteren erfolgte eine Einordnung der Autoren innerhalb des breiten religiösen Meinungsspektrums. Es wurde untersucht, ob die Bibel ein Hemmschuh der Sozialkritik ist oder ein Mittel konstruktiver Stellungnahme. Es hat sich gezeigt, dass die religiöse Haltung der Autoren mit der Verwendung intertextueller Bezüge und Kollektivsymbole korreliert. Autoren, die dem Industrialisierungsprozess verhalten gegenüberstehen, verwenden die Bezüge produzentenorientiert, Autoren mit einer liberalen Haltung bezüglich Wandel und Industrialisierung bevorzugen die rezipientenorientierte Verwendung. Entgegen Marx' These sind die meisten Autoren - bis auf eine Ausnahme - nicht gegen den Wandel. Sie setzen die Religion ein, um dem Leser zu verdeutlichen, dass eine konstruktive Lösung beim Umgang mit den Veränderungen bzw. der Moderne gefunden werden muss, bei dem die Religion eine normgebende Rolle spielt. Folglich leistet Religion einen wesentlichen positiven Beitrag zur Diskussion der sozialen Frage in England, statt sie zu bremsen. Die Autoren setzen der Bibel entlehnte intertextuelle Referenzen und Kollektivsymbole ein, um deutlich zu machen, dass der durch die Industrialisierung eingeleitete Wandel in die richtigen Bahnen gelenkt werden muss, um den sozialen Frieden zu sichern.