Elfmeter!
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Elfmetertöter: So werden Torwarte genannt, die überdurchschnittlich oft Elfmeter halten. Zumeist gelingt es ihnen, indem sie durch ihre Körperbewegungen den Schützen täuschen, durch besonders hohe Reaktionsschnelligkeit oder einfach durch Glück. aus: Fußballglossar für Frauen, Teil 8 Was Torhüter leisten, die einen Elfmeter parieren, werde sträflich unterschätzt, motzt der englische Fußballautor Francis Hodgson. Wer sage, „der Torwart war in der richtigen Ecke, lobt nie sein Spielverständnis, seine Fähigkeit, sein Timing. Das soll immer nur heißen, dass er zufällig eben dort war und nicht irgendwo anders. Wie der Laternenpfahl, den man mit seinem Auto streift“. Deshalb neigen manche Torhüter selbst dazu, ihre Taten kleinzureden. Maik Wilde vom VfB Lübeck etwa winkte bloß ab, nachdem er am ersten Spieltag der Zweitligasaison 02/03 in die richtige Ecke gehechtet war und einen durchaus passabel geschossenen Elfmeter des Oberhauseners Thorsten Judt pariert hatte: „Der Dank gebührt dem Trainer, ich habe nur ausgeführt, was er gesagt hat.“ Wer die Erfolge jener deutschen Torwächter betrachtet, die das Elfmetertöten bisher am besten beherrschten, ahnt, dass da nicht allein die Trainer schuld gewesen sein können. Andreas Köpke etwa hielt im Nationaltrikot 15 von 41 Elfmetern. Macht eine Erfolgsquote von 36,58 Prozent, was Francis Hodgson „unglaublich“ findet. Zu Recht, denn Köpke stand dabei ja nicht namenlosen oder mittelmäßigen Kickern gegenüber, sondern den jeweils stärksten ihres Landes. Der beste Töter in der Geschichte der Bundesliga ist Rudi Kargus. Er vereitelte insgesamt 23 von 76 Elfmetern - und in einer Saison, als er für den Karlsruher SC spielte, sogar drei von drei. Darüber hinaus landeten sechs weitere Elfmeter gegen ihn am Pfosten oder sonstwo - vermutlich, weil sich die Schützen vom Ruf des Vereitelungskünstlers hatten einschüchtern lassen. Künstler? Darf man in seinem Fall sagen, denn heute ist Kargus ja tatsächlich Künstler (kargusart@gmx. net). Sein Ding ist nicht mehr der Fußball, sondern die expressive Malerei. Womöglich wäre die deutsche Fußballgeschichte ein bisschen anders verlaufen, wenn Helmut Schön 1976 beim EM-Finale eine Eingebung gehabt und seine zweite Auswechslung bis zum Elfmeterschießen hinausgezögert hätte. Denn mit Kargus im Tor hätte die DFB-Elf größere Chancen gehabt, dieses zu gewinnen. Doch so musste der Elfmetertöter Kargus von der Bank aus tatenlos zusehen, wie sämtliche Tschechoslowaken den Kollegen Maier überwanden. „Nach dem Lupfer von Panenka habe ich mich gefragt: Wie wäre es wohl gewesen, wenn ich da im Tor gestanden hätte?“ 20 Jahre später zeigte ein Trainer namens Osvaldo Jaconi, dass ein Torwarttausch vor dem Elfmeterschießen ein Spiel entscheiden kann. In der 119. Minute des alles entscheidenden Aufstiegsspiels gegen Ascoli wechselte der eigenbrötlerische Coach des Drittligisten Castel di San-gro seinen 34-jährigen Reservekeeper Pietro Spinosa ein, obwohl der zwei Jahre lang überhaupt nicht gespielt hatte. Alle wunderten sich, doch tatsächlich parierte der Routinier zwei Elfmeter - darunter einen praktisch unhaltbaren -, und der Dorfclub Castel di Sangro stieg zum ersten Mal in die Serie B auf. Eine Erfolgsgeschichte, die damals auch international für Verblüffung sorgte.