Juden in der Toskana und in Preußen im Vergleich
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Woran scheiterte die Emanzipation der Juden in Deutschland? Ulrich Wyrwa geht dieser für die deutsche Geschichte zentralen Frage mit der Methode des historischen Vergleichs nach und arbeitet die spezifischen Errungenschaften und die besonderen Behinderungen der Juden im Zeitalter der Emanzipation am Beispiel preußischer und toskanischer Städte heraus. Ausgehend von den Einladungen an verfolgte Juden, sich in der Toskana und in Preußen niederzulassen, untersucht er die öffentlichen Debatten über die Stellung der jüdischen Bevölkerung in der Gesellschaft von der Aufklärung, über die Zeit der Französischen Revolution und die nationalen und liberalen Bewegungen des 19. Jahrhunderts bis hin zur Konstituierung der Nationalstaaten Deutschland und Italien, in deren Verfassungen das Prinzip der rechtlichen und politischen Gleichheit der Juden festgehalten wurde. Der preußisch-toskanische Vergleich zeigt, dass die besonderen Schwierigkeiten des deutschen Emanzipationsprozesses nicht so sehr in dem gebrochenen Weg der Gesetzgebung lagen, sondern ihren Ursprung in der spezifischen politischen Kultur in Deutschland sowie in den intellektuellen Dispositionen inmitten der Zivilgesellschaft hatten. Während noch im Zeitalter der Aufklärung die politischen Ausgangsbedingungen für die soziale Integration der Juden in die bürgerliche Gesellschaft in Preußen günstiger waren als in der Toskana, kehrte sich diese Situation im Verlauf des 19. Jahrhunderts um. Nun bot die toskanische Gesellschaft das Modell einer politischen Kultur, an der Juden gleichberechtigten Anteil hatten und in der antijüdische Rhetorik auf keine Resonanz stieß.