Erdbeeren mit dem Führer
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Helga Tiscenko, 1929 in München geboren, wuchs als behütete Tochter in einem fanatisch nationalsozialistischen Elternhaus in Berlin auf. Ihr Vater, Hermann Höfle, Berufssoldat und Träger des Eisernen Kreuzes, stieg unter Adolf Hitler zum General der Waffen-SS auf. Nach dem Krieg wurde er an die Tschechoslowakei ausgeliefert und dort 1947 hingerichtet. Nachdem sie wie viele ihrer Generation über 50 Jahre geschwiegen und verdrängt hatte, entschloss sie sich zur Niederschrift ihrer Erinnerungen. Die Beschäftigung mit der Vergangenheit ihrer geliebten Eltern führte zu einer Auseinandersetzung mit den eigenen vom NS-Regime geprägten Kindheitsidealen. Aus einer seltenen Perspektive erzählt sie in ihrer Autobiographie in einem einfachen, humorvollen Stil von ihrer Kindheit im Vorkriegsdeutschland, von den Eigenarten der Großeltern, der beruflichen Karriere des Vaters und den damit einhergehenden Umzügen. Ein einschneidendes Erlebnis ist für das siebenjährige Mädchen jener Tag, als sie dem Führer zu dessen Geburtstag gratulieren und mit ihm Erdbeeren essen darf: „Aber der Führer lachte mich nicht aus. Er setzte sich neben mich und dann aßen wir zusammen Erdbeeren mit Vanilleeis. Ich passte auf, dass ich nicht auf mein blaues Kleid kleckerte, und mein Kinderherz schlug nur für ihn. Wenn er mich in diesem Moment gefragt hätte, ob ich hier und jetzt für ihn sterben würde, hätte ich ohne Zweifel ja gesagt…“ Durch den Ausbruch des Krieges, die Trennung vom Vater und die notwendigen Ortwechsel treten an die Stelle der kindlichen Unbeschwertheit immer deutlicher Verzweiflung und Angst. Nach der Flucht, dem Ende des Krieges und der Hinrichtung des Vaters folgen Zweifel und Gefühle von Schuld, Schrecken und Verrat. Als „Nazi-Brut“ gebrandmarkt, hat sie sich als Sechzehnjährige nach dem Krieg mit dessen Nachwirkungen zu arrangieren und erlebt die ersten Nachkriegsjahre an ihrem Geburtsort München. Ein weiteres Kapitel im ungewöhnlichen Leben der Helga Tiscenko ist schließlich 1951 die Auswanderung nach Neuseeland, wo sie mit ihrem russischen Ehemann Nick in die fremdartige, raue Umgebung einer nur durch Wasserkraftenergie versorgten Gemeinde auf der Südinsel geschickt wird – mit dem offiziellen Hinweis, dass neue Immigranten sich darauf einzustellen hätten, „Pionierarbeit“ zu leisten. Heute beschreiben sie und ihr Ehemann Nick ihre persönliche Situation als „Leben im Paradies“. Helga Tiscenkos Lebensbericht ist keine geschichtliche Faktensammlung, sondern der Versuch einer Aufarbeitung und Erklärung, um zu erzählen, was viele ihrer Zeitgenossen lange in sich vergraben haben. Die Autorin reflektiert und stellt Fragen, nimmt sich aber auch das Recht, nach 50 Jahren nicht strikt „politisch korrekt“, sondern aus der Erinnerung und emotional zu berichten – eine Herangehensweise, die es im Ausland naturgemäß leichter hat als in Deutschland. Nach seiner Veröffentlichung 2000 schaffte es das Buch innerhalb kurzer Zeit auf Platz 1 der neuseeländischen Bestsellerliste. "Zu emfehlen ist ein besonderes Buch von Helga Tiscenko: 'Erdbeeren mit dem Führer'. Es erzählt die Geschichte eines Mädchens, die Tochter eines hohen SS-Generals ist und nach Kriegsende nach Neuseeland auswandert, um einen Neuanfang zu wagen.„ Christhard Läpple, Redaktionsleiter “Aspekte", ZDF