Der bundesdeutsche Tourismus
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Capri-Fischer und Baedeker, Alpenglühen und Teutonengrill - das Thema Tourismus ruft nostalgische Erinnerungen ebenso hervor wie beißenden Spott. Der Durchbruch zum Massentourismus war eines der zentralen Elemente der bundesdeutschen Geschichte: Die Urlaubsreise wurde zum festen Lebensbestandteil breiter Bevölkerungsgruppen und prägte das Lebensgefühl des 'Wirtschaftswunders'. Die bunten Bilder von Stränden, Bergen und Kirchen sind bis heute in Urlaubsprospekten und Fotoalben, Reiseführern und Tourismusplakaten allgegenwärtig. Gleichwohl war der Nachkriegstourismus bislang kaum ein Thema für die Geschichtswissenschaft; vor allem über die Wahrnehmung der Reisenden wissen wir wenig. Diese mentalitätsgeschichtliche Studie untersucht die Urlaubsreisen der Bundesdeutschen in den 1950er bis 1980er Jahren. Sie fragt nach den Leitbildern und den Konstruktionsmechanismen des touristischen Blicks im historischen Wandel. Den theoretischen Ausgangspunkt bildet der Tourismus-Essay Hans Magnus Enzensbergers, ergänzt um neuere Entwürfe, vor allem John Urrys 'Tourist Gaze'. Zur Analyse touristischer Wahrnehmungsmuster entwickelt Cord Pagenstecher innovative Methoden einer 'Visual History' und erprobt sie an Urlaubsfotos und anderen Bildquellen. Die wichtigsten Quellen sind Tourismusprospekte, Reiseführer und private Fotoalben. Nach der Schilderung von Grundlagen und Entwicklungslinien des Nachkriegstourismus werden touristische Medien und ausgewählte Tourismusarten analysiert und schließlich eine biografische Fallstudie vorgestellt. In verschiedenen Medien - Werbung, Reiseführern und Privatfotos - und Reisearten - Alpen-, Stadt- und Strandtourismus - zeigen sich insgesamt übereinstimmende Entwicklungen: Der visuelle Symbolkonsum spielte eine wachsende Rolle im Tourismus. Der touristische Blick der Bundesdeutschen orientierte sich zunehmend am geselligen Erlebnis-Leitbild; er wurde standardisierter und stärker von der sich industrialisierenden Tourismusbranche beeinflusst.