Produzentenhaftung im Konzern
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Das stetig wachsende Angebot der für den nationalen und internationalen Markt hergestellten Produkte sowie die Massenproduktion von Gebrauchsgütern für immer breitere Schichten auf weiterreichenden Absatzmärkten hat in den letzten Jahrzehnten zu einer steigenden Zahl von Produkthaftpflichtfällen mit zunehmend höheren Schadenssummen geführt. Beispiele hierfür sind die Fälle Contergan, zahlreiche Klagen gegen Hersteller von Kraftfahrzeugen oder gegen Pharmaunternehmen wie zuletzt im Fall des Medikaments Lipobay. Durch Übertragung der Herstellung von Produkten auf Tochterunternehmen wird teilweise versucht, unter Ausnutzung der gesellschaftsrechtlichen Trennung eine Haftung der Muttergesellschaft zu vermeiden. Verbraucher sehen sich im Falle einer Schädigung mit der Frage konfrontiert, welches Konzernunternehmen als Hersteller in Anspruch genommen werden kann. Die Arbeit untersucht, unter welchen Voraussetzungen übergeordnete Unternehmen für Schäden haften, die durch Fehler an einem von einem Tochterunternehmen hergestellt Produkt verursacht wurden. Dabei wird zwischen den Tatbeständen des Produkthaftungsgesetzes und den Grundsätzen zur deliktischen Produzentenhaftung, wie sie von der Rechtsprechung entwickelt wurden, unterschieden. Eine zentrale Rolle spielt der Herstellerbegriff unter dem Produkthaftungsgesetz und sein Verhältnis zum Begriff der einheitlichen Leitung nach § 18 Abs. 1, S. 1 AktGsowie der durch sie bewirkten Einflussnahme auf die abhängige Gesellschaft durch das herrschende Unternehmen. Unter Berücksichtigung der neuen Grundsätze der Rechtsprechung zum existenzvernichtenden Eingriff werden verschiedene Formen der Einflussnahme in unterschiedlichen Konzernstrukturen sowie ihre Auswirkungen auf den Herstellerbegriff untersucht. Diese Erörterungen bilden die Grundlage für die Frage nach einer extensiven Auslegung des Herstellerbegriffes unter Berücksichtigung der Besonderheiten von Konzernsachverhalten. Im Rahmen der deliktsrechtlichen Produzentenhaftung im Konzern wird anhand verschiedener Tatbestände erläutert, welche besonderen konzernspezifischen Verkehrssicherungspflichten einem Konzernunternehmen obliegen. In diesem Zusammenhang wird auf das Auftreten einer Konzerngesellschaft als Hersteller sowie auf die Verkehrssicherungspflichten einer konzernzugehörigen Vertriebsgesellschaft eingegangen. Diese Ausführungen führen zu der Frage, ob einem herrschenden Unternehmen aufgrund der Konzernverflochtenheit erhöhte Verkehrssicherungspflichten für die von einer Tochtergesellschaft hergestellten Produkte aufzuerlegen sind. Den Abschluss bildet die Darstellung des multinationalen Konzerns, die auf die besondere deliktsrechtliche Pflichtenstellung der inländischen Importgesellschaft eines EU-fremden Herstellers eingeht.