Notwendige Gewalt
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Die frühen Schriften Ernst Jüngers und die dramatischen Arbeiten Heiner Müllers sind Schlüsseltexte der Moderne, die von einschneidenden Gewalterfahrungen des 20. Jahrhunderts bestimmt worden sind. Jüngers Deutung der Materialschlachten des Ersten Weltkrieges als Vernichtung von Individualität lieferte Müller für seine Dramen zur Geschichte der proletarischen Bewegung eine Vorlage. Im Widerstreit mit der offiziellen Lesart läßt er Lenins Programm, die Fortsetzung der Revolution mit den Mitteln der Ökonomie, als Politik der ›totalen Mobilmachung‹ erscheinen. Die Studie von Thomas Weitin beläßt es indes nicht dabei, den historisch-thematischen Korrespondenzen beider Autoren nachzugehen, deren späte Kontaktaufnahme das politische Lagerdenken nachhaltig verstörte. Vor dem Hintergrund verbindlicher Theoreme der Moderne wie Entindividualisierung, Verselbständigung der Technik und Gemeinschaftszerfall arbeiten detaillierte Einzelinterpretationen die Eigenart und die spezifische Formkraft der Werke Müllers und Jüngers heraus. Es entsteht ein differenziertes Bild, in dem sich Jüngers ideologische Ästhetik deutlich von der ›Vorführung von Ideologie‹ abhebt, wie sie Müller in Anlehnung an Brecht und Benjamin betreibt. Damit wird manche vorschnelle Gleichsetzung korrigiert und die intellektuelle Situation der zwanziger und dreißiger Jahre neu ausgeleuchtet.