Frauen studieren Technik
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Damit ist nicht nur ein gleichstellungspolitisches, sondern auch ein gesamtgesellschaftliches Problem angesprochen, das mittelfristig sogar die Wettbewerbsfähigkeit des „Standorts Deutschland“ betrifft. Die Beiträge zu diesem Buch beleuchten den Hintergrund einer Entwicklung, die freilich auch die Chance bietet, entsprechend der Forderung des Grundgesetzes „auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken.“ Sie zeigen auf, welche Bedingungen gegeben sein müssen, damit Mädchen und junge Frauen ihre technische Begabung entdecken und zur Entfaltung bringen können. Der Bogen reicht vom frühen schulischen Unterricht über die erforderlichen Maßnahmen an den Hochschulen bis hin zu einem modernen Diversity-Management in Unternehmen. Der Inhalt des Bandes ist also nicht leicht „auf den Punkt“ zu bringen, vielmehr ist sein ungewöhnlicher Facettenreichtum Programm. Dabei ist es kein Zufall, dass sein Entstehen einer Initiative der Studienkommission für Hochschuldidaktik an Fachhochschulen (des Landes Baden-Württemberg) zu verdanken ist. Denn gerade aufgrund ihrer programmatischen Nähe zur Praxis haben Fachhochschulen ein besonderes Gespür für bildungspolitische Schieflagen. Und der Anspruch wissenschaftlich fundierter Didaktik erschöpft sich nicht in „Reparaturarbeiten“, sondern hat gerade auch strukturelle Probleme im Auge. Dementsprechend haben Herausgeberin und Herausgeber namhafte Autorinnen und Autoren gewinnen können, die ohne ideologische Scheuklappen, aber in aller Deutlichkeit den Finger auf die Wunde überkommener, androzentrisch geprägter Strukturen und Gepflogenheiten an Schule und Hochschule legen. Dabei wird vor allem deutlich, dass geschlechtsspezifische Studienfachwahlen sich wesentlich dem Umstand verdanken, dass die Frage des „sozialen Geschlechts“ (gendet) im Bewusstsein der Verantwortlichen noch kaum verankert ist. Überkommene Curricula - um nur ein Beispiel zu nennen - sind keineswegs einer gleichsam „natürlichen“ Fachsystematik geschuldet, sondern in einem historisch gewordenen, vielfach überholten Kontext entstanden. Zugleich kann an diesem Beispiel deutlich werden, dass es nicht allein darum gehen kann, „frauengerechte“ Studiengänge zu etablieren, sondern vor allem um die Abkehr vom Mythos einer (männlich dominierten und assoziierten) Technik „an sich“ zugunsten der Implikation ihres sozialen Kontextes. Wo und soweit dies geschieht, lässt sich eine Sentenz des großen Pädagogen und Physikdidaktikers MARTIN WAGENSCHEIN verifizieren: Was gut ist für Mädchen, ist auch gut für Jungen - nicht aber umgekehrt!