Nervenschwäche und Krieg
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Das Unbehagen an der Moderne hatte um 1900 einen Namen: Neurasthenie. Dieses Buch führt in die unruhigen mentalen Landschaften Kakaniens und thematisiert die engen Beziehungen der Psychiatrie zu den kulturellen Wissensbeständen und Selbstdeutungen ihrer Zeit. Mit dem Hinweis auf die Nervenschwäche konnten die Belastungen modernen Lebens plausibel gemacht und „unmännliche“ Verhaltensweisen sinnstiftend erklärt werden. Parallel dazu entstanden aber auch Bedürfnisse zur Überwindung dieser Krankheit. Dies führte im Sommer 1914 zu fatalen Erwartungshaltungen: Der Waffengang wurde als „therapeutisches Erlebnis“ und Korrekturinstanz nervöser Männlichkeiten gesehen. Die Realitäten des modernen Maschinenkriegs setzten diesen Vorstellungen ein rasches Ende. Der Schock des Krieges zeigte sich paradigmatisch an den psychischen Erkrankungen jener Soldaten, in deren Körpern die entfesselten Zerstörungsenergien fortzuwirken schienen. Das massenhafte Auftreten der „Zitterer“ zwang zum Handeln: Von Seiten der Politik und der Militärführung wurde die Psychiatrie als entscheidender Faktor zur Wahrung der Kriegsziele erkannt. Vor diesem Hintergrund bietet der Autor eine differenzierte Analyse des Phänomens der Kriegsneurosen wie auch der Rolle der österreichischen Psychiatrie im Ersten Weltkrieg.