Brennpunkt Familie: 1945 bis 1965
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Es ist ein zutiefst deprimierendes Bild über die Familien der Nachkriegsjahre, das aus der amtlichen Sichtweise der Archivalien - gekoppelt an die alltags-kulturellen Sichtweisen von Zeitzeug/inn/en - hervorgeht. Am Beispiel gesellschaftlicher Tabuisierungen, wie dem Umgang mit geschlechtskranken Frauen oder dem sexuellen Mißbrauch von Mädchen, werden insbesondere das weibliche Elend und die Frauennot zwischen 1945 und 1965 reflektiert und dokumentiert. Öffentliche Stellungnahmen geben Auskunft über die familiale Rollenerwartung und spiegeln die Macht und den Einfluß der Behörden im privaten Lebensbereich wider. Hielt die Wissenschaft an der Veröffentlichung des gesellschaftlichen Leitbildes, der sogenannten vollständigen Familie (Vater/Mutter/Kind/er) fest, ließen sich Politiker von diesem Modell jenseits tatsächlicher Problemstellungen leiten. Unter Berufung auf die Norm zielten sie in der Praxis nicht selten an der Realität der Familien vorbei. Sichtbar wird das fürchterliche Ausmaß behördlicher Diskriminierungen etwa an der Haltung gegenüber vergewaltigten, schwangeren Frauen. Unter der materiellen Oberfläche der Aufbau-Jahre schimmerten die seelischen Problemlagen und das familiale Leid der Protagonisten nur hervor. Übertüncht von dem Normalität einfordernden Familien-Leitbild lassen sie sich vielfach erst heute aus der Befangenheit lösen und im Fühlen und Begreifen artikulieren.