Der Bürger als Soldat
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Gegen die Annahme, die Liberalisierung und Demokratisierung moderner Gesellschaften führe zur Zivilisierung des Menschen und zu einer Einhegung innerstaatlicher Gewalt wie auch des Krieges, gehen die Beiträge dieses Bandes davon aus, dass die bürgerliche Ideologie von Anfang an von militärischen Werten geprägt war. Dies hängt zunächst damit zusammen, dass die liberale und demokratische Bewegung eine Wahlverwandtschaft mit dem modernen, antagonistischen Nationalismus einging. Hierin, aber auch im bürgerlichen Männlichkeitsentwurf, in einer Ästhetisierung des Militärischen und einem neuen Körperkult wurden ein spezifisch bürgerlicher Bellizismus virulent und der Heldentod fürs Vaterland populär. Im Laufe des 19. Jahrhunderts avancierte die freiwillige paramilitärische Ertüchtigung in Schützen- und Turnervereinen sowie in den Studentenverbindungen zur bürgerlichen Norm. Von den bürgerlichen Gesellschaften ging deshalb, anders als Fortschrittsglaube und Modernisierungstheorien annahmen, ebenso viel militärische Gewalt aus wie von älteren Gesellschaftsformationen. Mit Aspekten dieser Militarisierung westlicher Gesellschaften im langen 19. Jahrhundert von der Zeit der Französischen Revolution bis zum Ersten Weltkrieg beschäftigen sich die zwölf Beiträge dieses Bandes. Nach einem einleitenden Blick auf die deutsche Entwicklung behandeln sie die sehr unterschiedlichen Militarisierungsprozesse anhand der Beispiele Großbritannien (mit Seitenblicken auf Irland und Schottland), Frankreich, Österreich-Ungarn, USA und Schweiz - meistens in international vergleichender Perspektive. Außerdem enthält dieser Band von „Frieden und Krieg“: einen Literaturbericht „Kriegserfahrung als Gewalterfahrung“ und zwei Rezensionen.