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Verhaltenssteuerung durch Recht und kulturelle Leitideen

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Um in komplexen Gemeinschaften das Handeln vorhersehbar, verläßlich und gemeinverträglich zu koordinieren, bedarf es normativer Verhaltensordnungen, insbesondere rechtlicher Normen. Diese hatten früher ihre Legitimationsgrundlage zumeist in religiösen Weltbildern, aus deren Sinnhorizont sie auch interpretiert wurden. Nachdem aber die autoritativ vorgegebenen Weltanschauungen fragwürdig geworden waren, sah der Einzelne sich auf sein eigenes Urteil und Gewissen zurückgeworfen. So blieb als mögliche Legitimationsgrundlage für die Gemeinschaftsordnung nur der breitestmögliche Konsens der Bürger, der nach bestem Wissen und Gewissen gesucht werden sollte. Die Rechts- und Verfassungsgeschichte - wie sie sich zwar nicht immer vollzog, aber vernünftigerweise vollziehen sollte - ließ sich fortan als ein experimentierender Lernprozeß verstehen, der auf dieser Legitmationsgrundlage vorangehen sollte. In einem solchen Lernprozeß steht der demokratische Verfassungsstaat noch heute. Seine Legitimität und Akzeptanz und am Ende wohl seine Überlebensfähigkeit hängt nicht zuletzt von der Lernfähigkeit des Systems ab, insbesondere davon, daß es fähig und bereit ist, Fehlentwicklungen zu korrigieren. Zu solchen gravierenden Fehlentwicklungen gehört es, daß der Staat sich angeschickt hat, das Leben der Gemeinschaft umfassend zu steuern, und sich zugleich den Bürgern bürokratisch entfremdet. Als Antwort darauf regt sich die Forderung, politische und administrative Einheiten auf ein „menschliches Maß“ zurückzuführen, und das Bedürfnis der Bürger, überschaubare, wesentliche Lebensbereiche selbst zu gestalten. Auf diese Weise soll auch dem Subsidiaritätsprinzip genügt werden. Juristisch ist dieses durch eine geeignete Ausgestaltung der Kompetenzenordnung zu verwirklichen. Diese soll im politischen Gefüge eine - begrenzt - rationale Ordnung und lebendige Vielfalt miteinander in Einklang bringen: Sie soll in der Stufenfolge der Ermächtigungen angemessene Entscheidungsspielräume gewähren und nur diejenigen steuernden Elemente enthalten, die notwendig sind, um die Einheit und Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems zu wahren, kurz, an die Stelle umfassender zentraler Steuerungen soll eine Steuerung der Selbststeuerung treten.

Buchvariante

2004, paperback

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