Die Anrechnung erlittener Untersuchungshaft auf die Freiheitsstrafe
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Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB ist die Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf die zeitige Freiheitsstrafe anzurechnen, sofern der Verurteilte sie aus Anlass einer Tat erlitten hat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist. In dieser Vorschrift ist damit das Prinzip der obligatorischen Anrechnung freiheitsentziehender Maßnahmen auf die Freiheitsstrafe gesetzlich verankert. Gäbe es die Möglichkeit der Anrechnung nicht, so würde sich an eine Untersuchungshaft von möglicherweise erheblicher Dauer ein weiterer Freiheitsentzug von eventuell ebenfalls beträchtlicher Dauer anschließen. Eine historische Betrachtung der Entwicklung dieses Prinzips obligatorischer Untersuchungshaftanrechnung zeigt aber, dass die Entwicklung dieses Gesetz gewordenen Grundsatzes alles andere als selbstverständlich ist. Die Verfasserin zeichnet im ersten Teil ihrer Untersuchung die wechselhafte Geschichte der Untersuchungshaftanrechnung und, soweit dies für das Verständnis der jeweiligen Anrechnungsvorschriften notwendig ist, das Untersuchungshaftrecht und seine Funktion im jeweiligen Verfahrensrecht ausführlich nach. Dabei wird die gesamte Zeitspanne von der römischen Königszeit über das Mittelalter und die Entstehung des Rechtsstrafgesetzbuches bis hin zur heutigen Gesetzeslage berücksichtigt. Im zweiten Teil der Arbeit geht die Verfasserin der Grundsatzfrage nach, welcher Rechtsgedanke hinter der in § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB vorgesehenen obligatorischen Anrechnung erlittener Untersuchungshaft auf eine Freiheitsstrafe steht und ob bzw. wie sich diese Norm in das rechtliche System von Entschädigungsregelungen einfügt. Hierzu wird zunächst ein allgemeiner Überblick über die Anrechnungsvorschrift und damit verbundene Auslegungsfragen gegeben. Im Zentrum der Erörterungen steht aber die Auseinandersetzung mit den verschiedenen zur Anrechnung entwickelten Erklärungsmodellen und die Entwicklung eines eigenen Erklärungsansatzes. Da die Klärung der Rechtsnatur der Untersuchungshaftanrechnung eng mit der Frage verbunden ist, welche rechtliche Stellung demjenigen zukommt, der als Beschuldigter Untersuchungshaft zu erdulden hat, liegt ein weiterer Schwerpunkt auf der Untersuchung dieser Problematik.